Ziegenhain - „Unser Fußballsport lebt u.a. auch von Emotionen und Temperament, auch Temperamentsausbrüchen. Solange sich dies alles im vertretbaren und zulässigen Rahmen bewegt, ist dagegen auch nichts einzuwenden. Aber auch Emotionen und Temperament haben ihre Grenzen, wenn sie, wie hier, im vorliegenden zu ahndenden Fall absolut und nicht nachvollziehbar überzogen, ausgeartet und in einem sträflich unangemessenen Niveau eskaliert sind.“

Dies waren die einführenden Worte des Vorsitzenden des Kreissportgerichts Schwalm-Eder Dirk Spengler (Foto) am gestrigen AbenDirk Spengler (Foto: privat).d zur Eröffnung der öffentlichen Kammerverhandlung In Ziegenhain.

Eine Geldstrafe in Höhe von 300€ wegen Herbeiführens eines verschuldeten Spielabbruchs durch eine folgenschwere Tätlichkeit eines Spielers gegen den Schiedsrichter, 6 Punkte Abzug für die SG Geismar/Züschen II , eine Spielverlusterklärung mit 3 Punkten und 3-0 Toren für den Gegner FC Domstadt / Fritzlar II und eine Spielsperre von 48 Spielen für alle Pflicht- und auch Freundschaftsspiele gegen den beklagten Spieler sowie das Tragen der gesamten Verfahrenskosten – das war das Urteil zu den unrühmlichen Vorkommnissen beim Spiel der Kreisliga B1 zwischen dem FC Domstadt Fritzlar II und der SG Geismar/Züschen II zu urteilen hatte.

Am 01. September 2019 wurde die Begegnung in der 65. Minute vom Unparteiischen zwangsmäßig abgebrochen, da aufgrund einer massiven Tätlichkeit gegen den Schiedsrichter dieser aufgrund seiner erheblichen Verletzungen nicht in der Lage war, die Begegnung weiter fortzusetzen.

Was war passiert? Unstrittig war, dass der Schiedsrichter der Begegnung nach einem Zusammenstoß mit dem Spieler eine Platzwunde an der Lippe und eine Gehirnerschütterung davontrug. Die Folge davon waren der Spielabbruch, 3 Tage Krankenhausaufenthalt und 8 Tage Arbeitsunfähigkeit. Unstrittig war auch, dass der Schiedsrichter den beklagten Spieler mit Gelb-Rot des Feldes verweisen wollte.

Das Gericht musste jedoch klären, wie es zu der Verletzung kam. Aufgrund der verschiedenen Zeugenaussagen sah es das Kreissportgericht als erwiesen an, dass ein Spieler der SG Geismar/Züschen II dem Schiedsrichter eine „Kopfnuss“ verpasste und es sich nicht um einen unglücklichen Zusammenstoß handelte.

Aufgrund des insgesamt sehr einsichtigen und reuigen Verhaltens des beklagten Spielers sowie auch besonders das Bedauern und besonnene Auftreten der Vereinsverantwortlichen der SG in der mündlichen Verhandlung, kann man dass das Urteil in Gänze noch als milde bezeichnen. Es wurde nichts beschönigt, nicht lamentiert oder abgestritten.

So standen u.a. auch eine Platzsperre und eine Geldstrafe gegen den beklagten Spieler im Raum. Hiervon hat das Kreissportgericht letztendlich aber abgesehen. „Der Spieler ist durch die lange Spielstrafe (diese entspricht immerhin rund 2 komplette Spielserien) nachhaltig diszipliniert und bestraft worden. Wir wollten ihn nicht noch von den Sportplätzen verbannen, so dass er zumindest die weitere sportliche Karriere seiner Fußball spielenden Kinder verfolgen darf.

Dennoch musste hier ein Exempel aller Härte auch zur Abschreckung anderer statuiert werden“, denn, so Spengler in der Urteilsbegründung: „…Ein Schiedsrichter ist, wie andere Spielbeteiligte auch, absolut kein Freiwild, an dem man seine aufgestauten Aggressionen bzw. seinen Frust über eigenes Fehlverhalten - das u.a. zu der Gelb-Roten Karte führte - sowie Vergeltungsgefühle ausleben kann! Kein Mensch hat das Recht unabhängig von seiner eigenen persönlichen Mentalität und gesellschaftlichen Betrachtungsweise (auch anderer Kulturen!) in die körperliche und / oder seelische Unversehrtheit eines anderen Menschen negativ einzugreifen!! Schiedsrichter müssen zwingend geschützt werden, gerade in heutigen Zeiten, in denen es ohnehin immer weniger Schiedsrichter gibt.“

Da der Spielabbruch und die Tätlichkeit auch sehr öffentlichkeitswirksam in der Presse und den Medien dargestellt wurden, ist diese hart disziplinierende und sanktionierende Bestrafung auch mit seiner abschreckenden Wirkung beispielgebend für weitere Vergehen im Schwalm-Eder-Kreis.

Damit durch die erforderliche Sanktion und harte Bestrafung eine deutliche, auch abschreckende, Wirkung im Sportkreis und seinen Medien erzielt wird, war es erforderlich, mit einem harten Strafmaß eine deutliche Botschaft zu übermitteln. Die erfolgte Bestrafung ist zunächst primär eine individuelle Maßregelung; sie soll zugleich allerdings sekundär als ein beabsichtigter Nebeneffekt auch präventiv und abschreckend besonders für das Auftreten gegenüber den Schiedsrichtern aller Spieler im Sportkreis in der Zukunft sein.

Seitens des Kreissportgerichtes gibt es kein Verständnis und keine Milde in diesen Vergehen.

Da sowohl Spieler als auch Verein dem Urteil bereits zugestimmt haben und ihren Rechtsmittelverzicht unmittelbar nach der Urteilsbegründung erklärten, ist dieses rechtskräftig.

Der Vorsitzende des Kreissportgerichtes wies dabei ausdrücklich darauf hin, dass das Urteil dieser Kreissportgerichtsverhandlung keinen Einfluss auf die eingereichte Zivilklage des Schiedsrichters gegen den Spieler ist.