Darmstadt/Gelnhausen - Für den krönenden Abschluss der beiden Landesmeisterschaften in Gelnhausen und Darmstadt, wo es drei Gold-, drei Silber- und zwei Bronzemedaillen für die Melsunger Nachwuchsathleten gab, sorgte Niclas Dittmar im 300m-Lauf der M15 mit einer unerwarteten Silbermedaille. Vorher lieferte Luis André im Kugelstoßen wieder eine deutsche Spitzenleistung ab und ließ seiner Konkurrenz einmal mehr keine Chance.

Der amtierende süddeutsche Meister setzte seine Schnelligkeit und Kraft, gepaart mit einer guten Technik ein und war in Sachen Power und Energie der Konkurrenz weit voraus. Hellwach und explosiv wuchtete er die 4kg-Kugel im ersten Durchgang auf 17,69 Meter und blieb nach einer beständigen Serie viermal über der 17m-MCIMG9256arke. Elias Betz (Bruchköbel) sicherte sich mit 13,79 m die Silbermedaille vor Kilian Krah (LG Alheimer Rotenburg-Bebra, 11,12 m).

Diese 17,69 Meter bedeuten nicht nur einen neuen Meisterschaftsrekord für den HLV, sondern auch die Einstellung des 45 Jahre alten Nordhessenrekords von Mathias Gebauer (LG Kassel). Fast 16 500 Tage war diese Bestleistung wie in Granit gemeißelt und hielt wie ein Fels in der Brandung allen Stürmen stand. Es scheint aber nur eine Frage der Zeit zu sein, bis Luis zum ersten Mal im Wettkampf die 4kg-Kugel über die 18m-Marke befördert. Damit ist Luis, der ab Herbst von Bundestrainer Christian Sperling (Chemnitz) in den NK2-Kader des deutschen Leichtathletik-Verbandes berufen wird, auf einem weiteren Gipfel angelangt.

Auch das Diskuswerfen wurde eine Demonstration seiner Klasse. Schon beim Einwerfen ließ er die 1kg-Scheibe zweimal locker über 55 Meter segeln. Aber im Wettkampf trat das ein, was er unbedingt vermeiden wollte – er verkrampfte. Gleich im ersten Durchgang beabsichtigte er eine neue Bestleistung aufzustellen und gab deshalb dem Diskus eine solche Wucht mit, dass er sich nicht im Kreis halten konnte und nach vorne herausfiel. Im zweiten Versuch landete die Scheibe nach einem verunglückten Wurf bei 47,57 m. Auch danach war er mit 53,61 m nicht zufrieden, ließ aber im vierten Durchgang einen Prachtwurf folgen. Der Diskus flog und flog und markierte sich erst knapp vor der 60m-Marke. Allerdings konnte er sich wieder nicht im Ring halten. Und da seine beiden letzten Würfe ungültig gegeben wurden, erhöhte Luis mit 53,61 m seine Titelsammlung bei den hessischen Meisterschaften auf zehn, war aber nicht zufrieden.

Niclas Dittmar strahlte nach seiner Silbermedaille

Nachdem Luca Scaffidi (LG Reinhardswald) im ersten von zwei 300m-Zeitendläufen gute 38,85 Sekunden vorgelegt hatte, war man auf das Ergebnis des zweiten Laufes gespannt, denn mit Aaron Amenta war Deutschlands schnellster 300m-Läufer (36,74 sec.) am Start. Der Schüler aus Groß-Gerau hatte sich vorher den 100m-Titel in 11,41 gesichert und war schon bei den U18-Landesmeisterschaften über 200 Meter (22,81 Sek.) erfolgreich. Noel Freder (Altenstadt, 38,41) und CIMG9376Julian Rubel (Königstein, 38,49) schienen nach ihrer Meldeleistung für Silber und Bronze prädestiniert zu sein.

Niclas Dittmar, hatte seit den Landeshallenmeisterschaften, wo er sich mit 39,44 hinter Amenta und Rubel die Bronzemedaille sicherte, kein 300m-Rennen mehr bestritten. Da er sich in den letzten Wochen konsequent auf diesen 300m-Lauf vorbereitet hatte, sagte Trainer Wagner für ihn eine Zeit um 38,50 Sekunden voraus.

Während Rubel auf Bahn fünf lief, startete der MT-Langsprinter unmittelbar hinter Ament auf Bahn zwei und lieferte dem Schüler aus Groß-Gerau durch seinen couragierten und beherzten Lauf einen Fight auf Biegen und Brechen. Nach 100 Meter (12,3 sec.) lag Niclas sogar vor dem großen Favoriten. Dieser sah nicht nur verdutzt nach links, als er von Niclas überholt wurde - Amenta musste alles geben, um in der Kurve nicht den Anschluss zu verlieren. Als beide mit fünf Meter Vorsprung vor Rubel auf die Zielgerade kamen, passierte Niclas mit 24,5 als Erster die 200m-Zwischenmarke. Erst 40 Meter vor dem Ziel konnte der DLV-Ranglistenerste den 15-jährigen Melsunger überholen und als Erster nach 36,78 Sekunden über die Ziellinie laufen.

Niclas bestätigte mit seinem Superlauf nicht nur die in ihn gesetzten Erwartungen, er übertraf sie. Er lief ein Rennen, das selbst die wenigen Zuschauer verblüffte. Kann das sein, dass ich Zweiter wurde, fragte er sich, nachdem er durch das Ziel gestürmt war. Es folgte zunächst ein ungläubiger Blick gen Himmel, dann ein strahlendes Lächeln und schließlich die Gratulation von den Eltern, seinem Trainer und auch von Aaron Amenta, der von der Stärke des Melsungers überrascht war. Niclas verbesserte seinen Hausrekord aus dem Vorjahr (40,53) um mehr als drei Sekunden, holte sich die Silbermedaille und steht in der aktuellen deutschen Bestenliste hinter A. Amenta (36,74), Niklas Thiemann (Wolfsburg, 37,02) und Finley Alschweig (Potsdam, 37,13) auf Rang vier. Den sechs Jahre alten Nordhessenrekord von Elias Steiner von 37,14 Sekunden verfehlte er nur um einen Wimpernschlag und wird vielleicht im Herbst in den HLV-Kader berufen.

Die großartigen Erfolge der MT-Leichtathleten zeigen, dass man mit den Großvereinen in Südhessen mithalten kann, denn seit Jahren wird in Melsungen eine erfolgreiche Leichtathletik praktiziert. Mit Lorenz Funck, Rabea Pöppe, Selina Langhorst und Tobias Stang haben vier weitere aktive Athleten ihre intensive Trainer-Ausbildung mit Bravour bestanden und die wichtigsten Kerninhalte aus Theorie und Praxis erfolgreich abgeschlossen. Sie werden ab November Alwin Wagner, der aus gesundheitlichen Gründen sein Amt zur Verfügung stellt, ablösen.


Text und Fotos: Alwin J. Wagner