Torun - Bei den 8. Senioren-Hallen-Weltmeisterschaften im polnischen Torun gingen mehr als 4 000 Sportler aus 88 Nationen an den Start. Margit Jungmann, die Präsidentin der World Masters Athletics, wünschte bei der Eröffnung nach dem Athleten-Eid faire Wettkämpfe und betonte, dass der Sport in unserer Welt mit den vielen Konflikten ein Brücke sei, die über Landesgrenzen völkerverbindend wirke und somit Vorurteile ausräume.

Für den Deutschen Leichtathletik-Verband, der mit einem großen Team am Start war, gab es bereits am ersten Wettkampftag sieben Goldmedaillen. Mit Jutta Pfannkuche stellte auch die MT 1861 Melsungen wieder eine Weltmeisterin. Die Mutter von zwei erwachsenen Töchtern hatte bereits bei der Freiluft-WM in Spanien den Titel im Hochsprung der W60 gewonnen und damit für eine große Überraschung Jutta bei der Siegerehrung.gesorgt. Durch eine langwierige Verletzung im Adduktorenbereich konnte sie sich in der Hallensaison nicht optimal auf diese WM vorbereiten und reiste deshalb skeptisch mit ihrem Ehemann Hans-Gerhard in die 200 000-Einwohnerstadt an der Weichsel, die früher Thorn hieß und im nördlichen Zentralpolen liegt.

Elf Seniorinnen aus Deutschland (3), Großbritannien, Irland, Kanada, Niederlande, Slowakei, USA, Ungarn und dem Gastgeberland Polen nahmen den Wettkampf im Hochsprung der W60 auf. Die Anfangshöhe von 1,03 Meter verschmähten alle Springerinnen bis auf Darcy Smith (USA), die dreimal scheiterte und somit ohne gültigen Versuch blieb. Nachdem die Latte auf 1,19 Meter gelegt wurde, war auch für Urszula Molska (Polen) und Gunnel Tofes (Schweden) die Endstation gekommen. Jutta Pfannkuche, die bereits beim Einspringen einen starken Eindruck hinterließ, nahm den Wettbewerb bei 1,25 Meter auf und überquerte diese Höhe sehr sicher im ersten Versuch. Während Anja Akkerman-Smits aus den Niederlanden zwei Versuche über 1,28 Meter benötigte und Sigrid Böse (Deutschland) sogar erst im dritten Versuch über die Höhe kam, meisterten Anna Matusova (Slowakei) und Teresa Eades (Großbritan) sowie die beiden hessischen Hochspringerinnen Elisabeth Wisniewski (Rodgau) und Jutta Pfannkuche bei ihrem Sprung über 1,34 m, der ihr den WM-Titel einbrachte.Jutta Pfannkuche (Melsungen) diese Höhe auf Anhieb. Sechs Teilnehmerinnen waren noch im Wettkampf, als die Latte auf 1,31 Meter gelegt wurde. Und diese Sechs machten Hoffnung auf ein ganz großes Hochsprung-Finale, denn jede von ihnen rechnete sich eine Medaillenchance aus.

Bei der Höhe von 1,31 Meter begann die Serie der Unsicherheiten und einige der Springerinnen wirkten nervös, kribblig und unkonzentriert. So war es keine Überraschung, dass im ersten Versuch über 1,31 Meter niemand diese Höhe meisterte. Im zweiten Durchgang überquerten Elisabeth Wisniewski und Jutta Pfannkuche diese Höhe und lagen höhen- und sprunggleich auf Rang eins und damit auf Goldmedaillenkurs. Während die Britin Teresa Eades sich zwei Fehlversuche leistete und erst im dritten und letzten Versuch die 1,31 Meter meisterte, war für Anna Matusova (Slowakei) ebenso das Ende der Fahnenstange gekommen wie für Anja Akkerman-Smits und Sigrid Böse. Bei der nächsten Höhe waren nur noch drei Hochspringerinnen im Wettbewerb, aber die Medaillen waren noch nicht vergeben.

Als Jutta Pfannkuche zu ihrem ersten Versuch über 1,34 Meter aufgerufen wurde, schüttelte sich die Beine aus, streifte ihre Trainingssachen ab und lief konzentriert an. Mit ihrer guten Technik meisterte die mit einer idealen Hochsprung-Figur ausgestattete Athletin aus dem Melsunger Stadtteil Schwarzenberg diese Höhe im ersten Versuch und hatte noch Platz zwischen ihrem Körper und der Latte. Dieser Sprung sah so gut aus, dass man ihr in diesem Moment die erste Anwartschaft auf die Goldmedaille einräumen musste. Und so wartete man gespannt auf den ersten Versuch von Elisabeth Wiesniewski und der Britin Teresa Eades. Aber beide scheiterten nicht nur mit ihrem ersten Sprung, sondern sie waren auch im zweiten und dritten Durchgang am Ende mit ihrem Können. Damit war die deutsche W35-Seniorenmeisterin von 1995 allein im Wettkampf und hatte nach Malaga im Sommer 2018 nun auch den WM-Hallentitel in Torun gewonnen. Nachdem ihr Sieg feststand, war auch ihre Spannung und Konzentration verschwunden. Dennoch ließ die neue Hallen-Weltmeisterin, die in wenigen Tagen ihren 61. Geburtstag feiern kann, die Latte auf 1,37 Meter legen. Mit drei Fehlversuchen beendeten sie einen phantastischen Wettbewerb, zu dem man ihr nur gratulieren kann.

Die zweite Starterin der MT Melsungen bei dieser Hallen-WM war Luise Zieba, die über 3000 Meter und im 8km-Crosslauf gemeldet hatte. Luise Zieba beim 8km-WM-Crosslauf, in dem sie als beste Deutsche den 9. Platz belegen konnte.Auch sie konnte in der Vorbereitungsphase wegen ihrer Probleme im Knie kein intensives Krafttraining durchführen und musste auch im Lauftraining kürzer treten.

Nachdem sie beim Abschlusstest nur knapp über der geplanten Zeit blieb, riet ihr Alwin Wagner, beim ihrem WM-Debüt die drei 1000m-Teilabschnitte in jeweils 3:40 Minuten zu laufen und auf der letzten Runde noch einen Gang hoch zu schalten, damit in der Ergebnisliste eine Zeit unter elf Minuten stehen und ein Platz unter den TOP-TEN herausspringen sollte.

Vierzehn 3000m-Läuferinnen, darunter allein sechs Langstreckenläuferinnen aus Polen, ermittelten die Hallen-Weltmeisterin in der W35. Die beiden Polinnen Barbara Bieganowska und Anna Rostkowska diktierten von Beginn an das Tempo und machten die Pace. Luise Zieba, die bei ihrem ersten WM-Start sehr aufgeregt war, legte die ersten 1000 Meter in 3:35 Minuten zurück und wurde nach der Hälfte der Strecke mit 5:27 Minuten gestoppt. Aber dieses Tempo konnte sie nicht durchhalten. Auf dem letzten Drittel der Strecke machte sich das schnelle Anfangstempo bemerkbar und so musste sie Aneta Switaj (Polen), Achte mit 10:54,43 Minuten und Vanessa Rodriguez Reina (Spanien), Neunte in 11:01,04 ziehen lassen.

Die vor ihr laufende Polin Elzbieta Kowalewska musste ebenfalls ihrem schnellen Anfangstempo Tribut zollen und wurde von Luise noch auf Luise im Ziel des 3000m-Laufs.der letzten Runde überholt. Nach 11:02,23 Minuten erreichte die Gartenbauarchitektin aus dem Spangenberger Stadtteil Bergheim als Zehnte das Ziel und stellte damit einen persönlichen Hausrekord auf dieser Strecke auf. Die 37-Jährige war damit schneller als bei ihrem Sieg in Erfurt, als sie nach 11:03,05 Minuten den Titel einer Deutschen Hallenmeisterin der W35 erringen konnte. Die Großartigkeit dieses Rennes, von dem sie selbst nach ihrer Rückkehr noch schwärmte, zeigt sich in den beeindruckenden Zeiten der Medaillengewinnerinnen: Barbara Bieganowska (9:54,84) und Anna Rostkowska (9:55,68) sicherten sich den Doppelsieg für Polen und Soumaya Bousaid (Tunesien) blieb bei dem Gewinn der Bronzemedaille mit 9:59,73 ebenfalls unter den begehrten 10 Minuten.

Einen Tag später testeten über 50 Ausdauerspezialistinen der W35 bis W45 ihre Kraft und Kondition beim 8km-WM-Crosslauf. Der anspruchsvolle zwei Kilometer Rundkurs führte auf einer sandigen Piste durch einen Kiefernwald mit vielen Wurzeln. Bei leichtem Nieselregen und einer Temperatur um fünf Grad mussten mehrere kurze, steile Anstiege, an denen zusätzlich noch Sand verteilt worden war, bewältigt werden. Luise Zieba, die noch schwere Beine vom Vortag hatte, legte die erste Runde in 8:04 Minuten zurück und wurde auf der Luise Zieba hatte nach 1000 m mit 3:35 Minuten eine beeindruckende Zwischenzeit vorzuweisen.zweiten Runde mit 8:31 Minuten gestoppt. Pech hatte sie in Runde drei, als sie über eine Wurzel stolperte und hinfiel. Aber nach einer Schrecksekunde erhob sie sich wieder und setzte das Rennen fort. Je näher sie sich in der letzten Runde dem Ziel näherte, umso mehr brannten ihre Oberschenkel, die auch mit jedem Schritt schwerer wurden.

Elzbieta Kowalewska, die am Vortag in der letzten Runde des 3000m-Laufs von Luise Zieba noch überholt wurde, revanchierte sich beim Crosslauf und überholte die Langstreckenläuferin der MT Melsungen. Aber diese ließ sich nicht abschütteln und blieb an der Polin kleben wie eine Klette. Die kämpferische Einsatz hatte sich gelohnt, denn die Polin belegte nach 33:57 Minuten den achten Platz. Nur sieben Sekunden später erreichte Luis Zieba als Neunte den erlösenden Zielstrich und war damit vor Claudia Seel, die nach 34:38 Minuten ins Ziel kam, die beste deutsche Crossläuferin bei dieser WM. Die Spanierin Rodriguez Reina, die am Vortag noch knapp vor ihr ins Ziel kam, brach beim Crosslauf völlig ein und beendete total erschöpft nach 38:11 Minuten ihren Lauf.

Jutta Pfannkuche und Luise Zieba erwiesen sich wieder einmal als sportliche Botschafter der Stadt Melsungen und können zuversichtlich auf die Freiluftsaison blicken, die im Wonnemonat Mai für sie beginnt.


Text und Fotos: Alwin J. Wagner