Ottrau - Im "Ligen-Check" 2020/21 stellen wir heute die SG Immichenhain/Ottrau vor. Die Mannschaft spielt in der Fußball-Kreisoberliga und belegt nach der Hinrunde den elften Rang. Als Übungsleiter ist Helge Hastrich tätig.

Als Immichenhain/Ottrau im August in der Vorbereitung den frischgebackenen Kreisoberliga-Meister SG Neuental-Jesberg beim 5:1-Sieg förmlich an die Wand spielte, da hatten nicht wenige Beobachter den Eindruck, einen der ganz heißen Titelanwärter gesehen zu haben. Vom Potenzial her dürfte das sicher auch der Fall sein. Aber Coach Helge Hastrich hob schon damals kurz nach der Partie den mahnenden Zeigefinger: "Das war heute unsere absolute stärkste Formation, es hat kein Spieler gefehlt. Und ob wir das so noch mal hinkriegen?" Bekamen sie aus SG-Sicht leider nicht.

Schon in der Vorbereitung verletzte sich Mittelfeldstratege Sascha Steinbrecher schwer (Bänderriss). Es fielen weiter über weite Teile der Hinserie Marco Herrmann (Studium), Jonas Korell (Pause), Johannes Richardt, Fabian Stärz (beide berufliche Weiterbildung), Daniel Itzenhäuser (beruflich), Jakob Stumpf (Bänderriss) und Till Braun (Knie) aus, um nur einige wenige zu nennen, sodass die Schwälmer praktisch jedes Spiel fünf bis sieben Stammspieler ersetzen mussten. Zu viel, um ganz vorne mitspielen zu können.

Weiteres Problem des ehemaligen Gruppenligisten war die mangelnde Durchschlagskraft. Im Schnitt erzielten nur Uttershausen/Lendorf (8) und Schwarze/Röhre (13) noch weniger Tore als die Elf um Kapitän Tobias Itzenhäuser (13). Die Defensive der SG stand dagegen gewohnt sicher.

Wie Trainer Hastrich die Vorrunde bewertet, verriet er uns in folgendem Interview:


Hallo Herr Hastrich, wir hoffen, dass Sie gut ins neue Jahr gekommen sind. Welche Wünsche haben Sie an 2021?

Hastrich: Dass es allen Menschen gut geht, sie gesund bleiben und wir hoffentlich noch im Laufe des Jahres zu unserem früheren Leben zurückkehHelge Hastrich (Foto: Konsch).ren können. Ich wünsche allen Menschen ganz viel Gesundheit.

Sportlich gesehen wünsche ich mir, dass wir bald wieder Fußball spielen können, aber der Re-Start sollte auch mit viel Sorgfalt und Weitblick angegangen werden.


Sportlich belegt Ihr zurzeit den elften Platz in der Kreisoberliga. Wie lautet Ihr Fazit über die Vorrunde?

Hastrich: Ich möchte die Tabellensituation nicht schönreden, wir sind sicher mit ganz anderen Vorstellungen in die Saison gegangen, aber, dass es nicht so gelaufen ist, wie wir es uns erhofft hatten, hat auch Gründe.

Ein entscheidender Aspekt ist der, dass uns drei Schlüsselspieler über längeren Zeitraum ausgefallen sind. Zum einen war das Sascha Steinbrecher, der aufgrund eines Bänderrisses in dieser Serie noch nicht eine Minute spielen konnte. Sascha hat sich in kürzester Zeit zu einem absoluten Leader entwickelt, der uns enorm fehlte. Dazu mussten wir in einigen Partien Till Braun ersetzen. Gerade für unser Offensivspiel ein kaum zu kompensierender Verlust. Till macht den Unterschied aus. Er kann sich mit seiner Dynamik durchsetzen, kann Freiräume für seine Mitspieler schaffen und diese wunderbar in Szene setzen. Wer ihn ein Mal hat spielen sehen, der wird mir zustimmen. Und nicht zu vergessen Marco Herrmann, der nach seiner Zeit in Südamerika wieder toll in Form war und in den Spielen, in denen er mitwirkte, wichtige Tore erzielte.

Nicht alle Verletzungen, aber doch einige, sind ganz eindeutig auf eine Überbelastung zurückzuführen. Ich als Trainer bin, neben der Entwicklung der Mannschaft, für eine vernünftige Trainingsplanung- und Steuerung verantwortlich, bin dafür da, die Belastung im Training zu dosieren, nicht zu viel, nicht zu wenig. Aber das war bei dieser Vorrunde gar nicht möglich. Ich würde mir wünschen, dass die Verantwortlichen daraus lernen, damit sich so etwas nicht wiederholt.

Selbstkritisch müssen wir aber auch eingestehen, dass wir in einigen Heimspielen in der Schlussphase durch individuelle Fehler und Nachlässigkeiten noch Siege aus der Hand gegeben haben.


Was war gut und wo muss sich Ihr Team noch verbessern?

Hastrich: Was mir seit Jahren hier sehr gut gefällt, ist, dass die jeweiligen Situationen stets ohne großes Murren und Knurren angenommen werden. Die Bereitschaft, flexibel auf Veränderungen einzugehen, ist immer gegeben. Spieler sind bereit, weite Fahrten solo auf sich zu nehmen, um noch am Spiel teilnehmen zu können. Ich denke, dieser Teamgeist zeichnet uns aus, erst recht in dieser schwierigen Spielzeit.

Sportlich gesehen ist positiv, dass wir in der Lage sind, einen ganz tollen Fußball zu spielen. Wir haben mit André Blättner auf der linken Abwehrseite einen weiteren starken Linksfuß dazubekommen, der diese Position überragend besetzt und uns durch seine Feinheiten am Ball ein Spiel noch mal ganz anders eröffnen lässt. Es ist die spielerisch stärkste Truppe, die ich in Immichenhain/Ottrau bislang trainiert habe.

Was ein bisschen schade ist, ist, dass wir einige Führungen aus der Hand gegeben haben, Spiele, die wir schon auf der Habenseite verbucht hatten, nicht nach Hause bringen konnten. Gerade das war in der Vergangenheit immer unsere Stärke. Hier müssen wir an uns arbeiten, dass wir diese Qualität zurückgewinnen.


Was sind die Gründe, dass so viele Topteams Probleme haben in dieser Saison?

Hastrich: Ich kann natürlich nicht für andere Mannschaften urteilen. Aber vermutlich hat das "Hü und Hot" auch anderen Teams geschadet. Unser großes Problem war, wie schon erwähnt, dass drei absolute Schlüsselspieler über längeren Zeitraum ausfielen, das war nicht zu verkraften. Dazu kam, dass wir keinen echten Rhythmus aufnehmen konnten. Wenn wir dachten, es geht bergauf, kam wieder der nächste Nackenschlag, auch möglicherweise aufgrund schwieriger Wochenspiele wie dem in Spangenberg, zu dem wir mit großen Personalsorgen antreten mussten. Ich kann mir vorstellen, dass es anderen Mannschaften ähnlich erging.


Haben Sie schon eine Vorstellung, wie es nach der Winterpause weitergeht? Ist diese Saison überhaupt zu Ende zu kriegen?

Hastrich: Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir diese Saison zu Ende gespielt bekommen. Man wird versuchen, wenigstens die Hinserie abzuschließen, um eine Art bereinigte Tabelle zu haben.

Ich glaube, es macht keinen Sinn, etwas über das Knie zu brechen. Nach der langen Winterpause und den Problemen aus der Hinrunde, sollte man uns eine vernünftige Vorbereitung gewähren. Vier Wochen ist das Minimum. Man darf registrieren, dass wir in der Kreisoberliga spielen. Keiner bekommt hier Geld, alle sind Hobbyspieler. Eine Belastung, wie in der Vorserie mit Doppelspieltagen, darf es nicht noch mal geben.