Neukirchen - Auf die Nachricht haben die Fußball-Fans und -Vereine aus der südlichen Schwalm lange gewartet: Der Kunstrasenplatz im Neukirchener Steinwaldstadion ist für den Trainings- und Spielbetrieb freigegeben, heißt, die Renovierungsarbeiten am grünen Geläuf sind abgeschlossen. Die Stadt Neukirchen hat den Platz an den SC Neukirchen übergeben, der im Gegenzug einen Pachtvertrag über 25 Jahre unterschrieb und für diesen Zeitraum der hauptverantwortliche Nutzer des Geländes ist.

Die Spieler der SG Neukirchen/Röllshausen konnten den neuen "Teppich" bereits während der Vorbereitung auf die Restrückrunde nutzen und am Sonntag, den 08. März stand auch schon das erste Pflichtspiel an (wir berichteten).

So ganz fertig ist das neue Gelände rund um das Steinwaldstadion aber noch nicht. Die Tartanbahn wird ebenfalls komplett erneuert und im Vereinsgebäude soll auch kräftig renoviert werden. Insgesamt circa 70.000 Euro stehen hier für die Neugestaltung der Kabinen, der Küche sowie des Gesellschaftsraumes zur Verfügung. Einen Großteil dieser Arbeiten erledigen die Vereinsmitglieder des SC Neukirchen in Eigenleistung.

Ab Sommer dieses Jahres können dann auch die Leicht- und Triathleten des SC Neukirchen sowie die Schüler der Steinwaldschule das Gelände des Steinwaldstadions nutzen.

Der Kunstrasenplatz im Neukirchener Steinwaldstadion mit Tartanbahn und Vereinsgebäude wurde in den Jahren 1988 bis 1990 erbaut. 1990 erfolgte dann auch die Freigabe für den Spielbetrieb. Bis zur Saison 2008/09 wurde der Sportplatz von den Fußballern und Leichtathleten des SC Neukirchen sowie den Kindern der benachbarten Steinwaldschule genutzt.

Durch die intensive Beanspruchung litt der Untergrund des Kunstrasenplatzes in den Folgejahren so stark, dass er 2009 nicht mehr bespielbar war und die Stadt Neukirchen ihn, auch unter Sicherheitsaspekten, sperrte.

Im November 2016 fanden dann erste Gespräche zwischen der Stadt Neukirchen sowie dem SC Neukirchen statt, mit dem Hintergrund, zu prüfen, ob eine Sanierung des Geländes unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit, der Auslastung sowie der Unterhaltung realisierbar ist.

Die Sportler des SC Neukirchen stimmten dem Projekt zu, das Steinwaldstadion zu renovieren und es folglich zur Hauptaustragungsstätte des Trainings- und Spielbetriebes des Vereins werden zu lassen, und somit auch dem Umstand, dass die Knüllkampfbahn zukünftig nicht mehr vom SCN genutzt wird.

Nach einer langen Planungsphase, der Beantragung der Fördergelder durch den Kreis und das Land sowie der Ausschreibung begannen im Sommer 2019 die Arbeiten am Steinwaldstadion.

Das bekannte Sportstättenbau-Unternehmen Klei aus Baunatal führte in den Folgemonaten die Renovierungsarbeiten am Kunstrasenplatz durch.

Ein wichtiger Aspekt bei der Sanierung der Sportanlage war natürlich der Bodenbelag, sprich der Kunstrasen und das verwendete Granulat. Letzteres reduziert vordergründig das Verletzungsrisiko für die Sportler. Bei einem Sturz auf einem Kunststoffbelag ohne Einstreugranulat rutscht ein Spieler mit der Haut über die fest eingebauten Kunststofffasern, dabei entstehen Schürfwunden, die man umgangssprachlich auch als „Verbrennung“ bezeichnet. Das feine Granulat bewirkt, dass der Kontakt zwischen Haut und Kunststofffaser bei Stürzen unterbrochen wird.

Neben dieser Eigenschaft wird die Oberfläche durch elastisches Granulat natürlich etwas weicher und dadurch angenehmer zu bespielen, und ein loses Granulat kann in der Pflege besser mittels Bürsten und speziellen Schleppmatten an der Oberfläche bewegt werden und zum Beispiel kleinere Vertiefungen „ausgleichen“, und damit die Ebenheit der Fläche erhalten.

Weiterhin werden die Kunststofffasern durch das Granulat gestützt, sie knicken weniger um, und sind auch etwas geschützt für mechanische Belastung, ähnlich wie die Haut des Spielers, da der Kontakt bzw. die Reibung zu einem fallenden Spieler oder zu einem schwerem Fußballtor, das über den Kunstrasen gezogen wird, durch das lose Granulat unterbrochen werden kann.

Allerdings war das handelsübliche Gummi- und Kunststoffgranulat zuletzt arg in Verruf geraten. Das Granulat fällt unter die Definition „Mikroplastik“ und rief Naturschützer auf den Plan und selbst die EU nahm sich der Sache an und drohte mit einem Verbot. Um diesem zuvorzukommen und einen mit hohem finanziellen Aufwand verbundenen Austausch des Kunststoffes zu vermeiden, entschlossen sich das Bauamt der Stadt Neukirchen unter der Führung von Michael Slabon sowie das Planungsbüro Ledermann und die Firma Klei kurzerhand, auf Kork-Granulat umzusteigen und somit einen einmaligen Kunstrasenplatz in der Region zu schaffen.

Kork als Naturprodukt wächst nach und ist im Vergleich zu synthetisch hergestellten Stoffen als schadstofffrei und unbedenklich einzuordnen - für Mensch und Natur. Weiterhin ist Kork biologisch abbaubar. Dagegen sind Kunststoffgranulate, die in die Umwelt gelangen, nicht gesichert frei von Schadstoffen und auch nicht grundsätzlich als unbedenklich für Mensch und Natur einzuordnen.

Alle Stoffe, die in die Kategorie „Mikroplastik“ fallen (darunter eben auch die früher verwendeten Gummi- und Kunststoffgranulate im Kunstrasen), können theoretisch für sehr lange Zeit in der Umwelt Schaden anrichten. In welche Lebensbereiche sich die negativen Eigenschaften erstrecken, ist zurzeit noch nicht abschließend erforscht. Mikroplastik landet auf seiner langen Reise irgendwann im Wasser und gelangt in die Ozeane - die Gefahren für Meereslebewesen sind bekannt. Tausende Tiere sterben jedes Jahr an Plastikpartikeln, die sie mit Nahrung verwechseln.

Einige Pioniere auf dem Gebiet des Schutzes der Weltmeere versuchen seit Jahren mit verschiedenen Technologien emittierte Plastikprodukte und Mikroplastik aus den Meeren zu filtern bzw. herauszufischen. Das ist eine Aufgabe von kaum messbarer Dimension, die uns noch viele Jahre herausfordern wird und nur gelingen kann, wenn man den Eintrag von Plastik in die Umwelt drastisch reduziert. Im Bereich der Outdoor-Sportbeläge gibt es aber Alternativen, die nur genutzt werden müssen. Einen kleinen Teil können Korkgranulat und der Verzicht auf ein entsprechendes Kunststoffprodukt dazu beitragen.

Bilder aus der ersten Bauphase:

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Bilder aus der zweiten Bauphase (Platz noch ohne Granulat):

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Bilder: HS24