Holzhausen - Das Aussetzen des Spielbetriebes hat nicht nur Auswirkungen auf den sportlichen Bereich eines Vereins, er kann auch existenzbedrohend werden, denn sollte die Saison beispielsweise komplett abgesagt werden, drohen immense finanzielle Verluste. Die Einnahmen brechen fast ganz weg, aber die Kosten bleiben da. Spielergehälter sind da nur eins, auch die sportlichen Anlagen inklusive Vereinsheime müssen weiter unterhalten werden. Wir wollen in den nächsten Wochen bei den Klubs nachfragen, welche Folgen Corona für sie haben kann.

Heute gibt der 1. Vorsitzende des SC Edermünde Heiko Petersen Auskunft.


Hallo Herr Petersen, das Corona-Virus bestimmt ja zurzeit unseren Tagesablauf. Wie gehen Sie mit der Situation um?

Heiko Petersen (Foto: privat).Petersen: Beruflich bin ich seit über zwei Wochen im Home Office. Meine Familie und ich beachten selbstverständlich die aktuellen Beschränkungen und Regeln und wir machen das Beste draus, wenngleich uns die sozialen Kontakte schon sehr fehlen.

Unser Vereinsleben ist wie in allen anderen Vereinen völlig zum Erliegen gekommen. Jedoch haben wir im Vorstand weiterhin eine Menge zu tun. Zu einem, um die negativen Auswirkungen dieser Zwangspause in Grenzen zu halten, hauptsächlich aber wegen unseres Bauvorhabens, denn wir wollen weiterhin in diesem Jahr mit dem Bau unseres eigenen Sportgebäudes „Studio 417“ beginnen. Gespräche und Sitzungen werden nun mit entsprechender Distanz telefonisch oder per Skype durchgeführt, dass funktioniert auch sehr gut.


Welche Folgen könnte eine Einstellung des Spielbetriebes für diese Saison für Ihren Klub haben, sowohl sportlich als auch finanziell? Könnte die Lage für Ihren Klub bedrohlich werden?

Petersen: Finanziell tut es uns schon weh, da wir ein Verein sind, der in der Regel einen sehr guten Zuschauerzuspruch hat. Dadurch sind Eintrittsgelder und der Erlös aus dem Getränke- und Imbissverkauf für uns schon eine sehr wichtige Einnahmequelle. Bedrohlich wird es für uns aber erstmal nicht, da wir über ein gutes finanzielles Polster verfügen und auch schon entsprechende Maßnahmen getroffen haben, um die laufenden Fixkosten zu senken. Ich bin auch sicher, dass uns unsere Mitglieder und Sponsoren auch in dieser schweren Zeit treu bleiben.

Sportlich ist es für unsere Mannschaften natürlich sehr enttäuschend und unbefriedigend. Man muss hier aber auch klar sagen, es gibt aktuell leider viel größere Probleme, als das sportliche Abschneiden von Fußballvereinen, egal in welcher Klasse.


Können Sie Hilfe vom Staat oder HFV/DFB erwarten?

Petersen: Das Land Hessen hat bei seinem Sofortprogramm für Selbstständige ja explizit auch die gemeinnützigen Vereine mit einbezogen, aktuell jedoch nur für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dies geht ja schon mal in die richtige Richtung und vielleicht bringen die Gespräche zwischen dem Landessportbund und der Landesregierung ja auch noch Lösungen für die Förderung des normalen Sportbetriebes. Vielleicht können die Verbände mit der Politik einen Weg finden, dass die öffentliche Hand die Verbände in diesem Jahr bei ihren Fixkosten entsprechend unterstützt, sodass man uns Vereine die Verbandsabgaben in diesem Jahr ganz oder teilweise erstatten könnte? Das würde bei uns schon eine hohe vierstellige Summe ausmachen und sicherlich einigen Vereinen helfen.


Wird diese Saison noch mal gespielt werden?

Petersen: Ich fürchte, die Frage muss lauten, können wir dieses Jahr noch mal spielen? Wir haben bis zum 20.04. die aktuelle „Kontaktsperre“. Ich gehe aktuell davon aus, dass diese mindestens bis in den Mai verlängert wird, evtl. mit kleineren Lockerungen im normalen Leben. Wann immer die Vorgaben dann irgendwann weiter gelockert werden, dann niemals mit einem großen Knall und alles ist danach wie vorher. Man wird es langsam machen und offizielle Zusammenkünfte von vielen Menschen auf engen Raum werden als Letztes wieder zugelassen werden. Und somit werden wir wohl noch länger auf Fußballsport oder auch andere sportliche Aktivitäten in der Gemeinschaft verzichten müssen. Ich wäre daher schon sehr froh, wenn wir in diesem Jahr überhaupt wieder zu halbwegs normalen gesellschaftlichen Verhältnissen zurückkehren können, würde mich aber natürlich auch sehr freuen, wenn ich mich hier gründlich täusche!

Die aktuellen Szenarien, die so im Amateurfußball diskutiert werden, um die aktuelle Saison zu retten, wie z. B. die Verlängerung der aktuellen Saison, Wertung zur Wintertabelle etc., sind für mich organisatorisch unrealistisch oder unsportlich. Auch wenn wir in den unteren Amateurklassen weit weg sind vom Profifußball, so gibt es doch jede Menge organisatorische Verzahnung im Spielbetrieb und daher würden solche Lösungen nur funktionieren, wenn sie auch vom DFB/DFL angewendet werden würden. Es bleibt hier auch zu beachten, dass sehr viele Vereine Trainer und Spieler mit festen Verträgen beschäftigt haben. Diese enden in der Regel am 30.06. und beginnen am 01.07. Wie will man damit umgehen, wenn man die Saison verlängert? Sollen die Vereine mitten in der Saison die Spieler/Trainer wechseln? Wie will man mit der Wechselperiode im Sommer umgehen? Das gibt alles ein totales Chaos. Daher würde ich sagen, die organisatorisch einfachste Lösung ist die Saison abzubrechen und zu annullieren! Die neue Saison muss dann mit den Staffeleinteilungen der aktuellen Saison irgendwann in diesem Jahr neu starten. Für mich ist das die einzige halbwegs fairste und praktikabelste Lösung. Die Ligen für die neue Saison neu einzuteilen und den gegenwärtigen Tabellenführern das Aufstiegsrecht zu ermöglichen und die vermeintlichen Absteiger nicht absteigen zu lassen, finde ich sportlich nicht fair. Dann muss man konsequent sein und beides werten, Auf- und Abstieg oder gar nichts.