Ottrau - The same procedure as last year? - The same procedure as every year! - So könnte man die Meldung der SG Immichenhain/Ottrau überschreiben, dass der Verein mit Trainer Helge Hastrich um eine weitere Saison verlängert hat. Doch ein wenig anders als in den vorherigen Jahren stellt sich die Situation beim aktuellen Tabellenzehnten der KOL Schwalm-Eder diesmal schon dar.

In die Erfolgsmeldung von SG-Abteilungsleiter Thomas Schwalm mischt sich auch ein wenig Wehmut. "Zuerst einmal freuen wir uns, dass uns unser Trainer Helge Hastrich auch für die Saison 2021/2022 erneut eine Zusage erteilt hat. Dass ein Übungsleiter 14 Jahre im gleichen Club tätig ist, ist selbst für einen Verein unserer Größe und unserer Ausrichtung untypisch. Diese Konstanz spricht aber auch ganz klar für Helges fachliche und menschliche Kompetenz. Ich finde es faszinierend, wie er auch nach all den Jahren immer noch für seine Aufgabe brennt und die Jungs immer noch erreichen und motivieren kann. Allerdings ist die aktuelle Situation auch nicht ohne Auswirkungen auf unsere Vertragsgespräche geblieben. Dass wir keine normale Saison spielen, die Spieler seit Monaten nicht mehr ihrem Hobby nachgehen können und ein vernünftiges Arbeiten im Verein teilweise unmöglich war, hat schon bei allen Beteiligten sehr auf die Stimmung gedrückt. Deshalb waren die Gespräche auch deutlich anders als sonst. Alle haben momentan so viele andere Probleme, der Glaube, dass wir die aktuelle Spielserie auch nur halbwegs ordentlich zu Ende bringen können, schwindet mit jeder Entscheidung der Politik immer mehr. Da wirken Gespräche über eine Fußballsaison 21/22 phasenweise irgendwie surreal."

Für Hastrich selbst  war der Schritt auch nicht ganz so selbstverständlich, wie in den Jahren vorher und er begründet das nicht nur mit der aktuellen Situation, sondern auch mit der Laufzeit seiner Tätigkeit: "Ich will nicht mal sagen, dass sich nach so langer Zeit eine gewisse Müdigkeit bei mir eingestellt hat. Aber manche Dinge nutzen sich im Innenverhältnis schon mal ab. Die große Masse der Spieler hat im Seniorenbereich nie einen anderen Trainer gehabt. Der so oft in ähnlichen Situationen zitierte "neue Impuls" muss irgendwann dann halt auch mal kommen. Um es klarzustellen: Es macht mir unverändert wahnsinnig Spaß mit den Jungs und dem ganzen Umfeld hier im Verein zu arbeiten. Allerdings war die Hinserie durch Corona schon sehr speziell und vielfach auch organisatorisch kompliziert und chaotisch. Die Unwägbarkeiten und Unsicherheiten im persönlichen Umfeld der Spieler, Absagen und Verlegungen und die dadurch zwangsläufig fehlende Struktur für die Arbeit aller Funktionäre hier im Verein war mental schon sehr belastend. Insofern hatte ich überlegt, schon im Sommer aufzuhören. Allerdings sind wir uns auch alle einig, dass wir mit einer Spielserie wie dieser unsere Zusammenarbeit eigentlich nicht beenden wollen und somit werde ich noch einmal ein Jahr dranhängen." Dass dem 47 jährigen diese Entscheidung nicht leichtgefallen ist, merkt man ihm an: " Zu vielen Leuten hier im Vorstand, im Kader und im ganzen Umfeld des Vereins haben sich freundschaftliche Beziehungen entwickelt, die auch deutlich über den Fußball hinausgehen. Aber eben, weil mir hier alles so am Herzen liegt, war ich schon sehr am Grübeln!"  

Schwalm hat für die Gedankengänge seines Übungsleiters vollstes Verständnis. "Dass Helge irgendwann auch mal nicht mehr weitermachen wird, ist uns klar. Aber jetzt freuen wir uns auf eine weitere Saison mit ihm, unter hoffentlich deutlich besseren Bedingungen als aktuell. Und nachdem diese, unsere sportlich sicher wichtigste Personalie geklärt ist, hat für uns jetzt auch zuerst die Frage, ob und wann es überhaupt weitergeht, Vorrang. Deshalb machen wir unsere Hausaufgaben und stellen uns jetzt schon für die neue Saison auf. Parallel versuchen wir uns in allen Bereichen für einen eventuellen Re-Start zu rüsten. Dass das in der jetzigen Situation schwer genug ist, wissen wir alle. Umso positiver ist es, dass wir nicht nur die Frage des Cheftrainers erfolgreich klären konnten, sondern der komplette Trainer- und Betreuerstab für die kommende Saison unverändert zur Verfügung steht. Im Detail sind dies:

Sascha Steinbrecher - Co-Trainer

Dennis Möller - Co-Trainer und Trainer Reserve

Daniel Möller - Betreuer / Fachwart

Julian Mai - Betreuer / Fachwart

Norbert Wiegand – Betreuer.

Darüber hinaus steht uns Simon-Martin Schmidt als Back-Up wieder zur Verfügung und unterstützt das Team wenn Not am Mann ist. Damit sind wir bei der Mannschaft "hinter der Mannschaft" top aufgestellt und gerüstet für das nächste Jahr.

Nächster Schwerpunkt ist nun die Kaderplanung. Dabei haben natürlich erst mal unsere eigenen Spieler Vorrang, die in der jetzigen, schweren Situation dem Verein immer die Treue gehalten haben und die deshalb unser vollstes Vertrauen besitzen. Das heißt jedoch nicht, dass wir nicht schon aktiv bemüht sind.den Kader punktuell zu verstärken."          


Helge Hastrich übernahm die SG Immichenhain/Ottrau im Oktober 2008 in der Kreisliga A - der Verein hatte sich gerade von seinem damaligen Trainer getrennt. Bereits in der zweiten Saison schaffte der Gymnasiallehrer für Mathematik und Sport und Inhaber einer B-Lizenz mit seiner Mannschaft den Aufstieg in die Kreisoberliga. Nach vier Jahren im gesicherten Mittelfeld gelang dann in der Saison 14/15 überraschend der Aufstieg in die Gruppenliga. Dort hielt sich die Truppe ein Jahr, musste aber in der zweiten Saison der engen Personaldecke Tribut zollen und konnte den Abstieg nicht verhindern. Seitdem hat sich die SG im vorderen Tabellendrittel der KOL Schwalm-Eder etabliert, rangiert in der coronabedingt abgebrochenen Halbserie in einer komplett verzerrten Tabelle allerdings aktuell nur auf Rang 10. (ts)