Stadtallendorf - Wenn der Spielplan rauskommt, müssen zwei Termine unbedingt notiert werden, die, wenn der TSV Eintracht Stadtallendorf und der KSV Hessen Kassel aufeinandertreffen. Dann ist in der Regel Spektakel angesagt, so wie gestern wieder im Herrenwaldstadion, am dritten Spieltag der Saison 2020/21 in der Regionalliga Südwest. Nicht nur, dass es beim letztendlich gerechten 3:3 (3:3)-Unentschieden sechs Tore zu sehen gab, nein, es war eindeutig Werbung für den Fußball. Und es lässt beide Teams nach einer solch tollen Leistung berechtigt hoffen, am Saisonende zumindest den Klassenerhalt schaffen zu können.

Es gab am ganzen gestrigen Abend nur eine traurige Szene, die war, als Fans am Stadioneingang abgewiesen werden mussten. Das Spiel war nämlich gegen 18.30 Uhr ausverkauft. Mehr als 580 Zuschauer dürfen derzeit nicht ins Herrenwaldstadion in Stadtallendorf rein. Und so mussten einige Anhänger wieder unverrichteter Dinge den Heimweg antreten. Die, die rein durften, sollten ihr Kommen aber nicht bereuen.

Hier fällt das 2:1.Schon nach drei Minuten stand es 1:0 für die Gastgeber. Damijan Heuser hatte eine Ecke von rechts in den Strafraum gebracht, die Abwehrspieler Ben-Luca Fisher zur frühen Führung über die Torlinie drückte.

Die Gäste waren wenig beeindruckt und kamen ihrerseits in der neunten Minute zu ersten hochkarätigen Chance, als Nils Pichinot eine klasse Flanke von rechts vom starken Nael Najjer knapp über das von Dusan Olujic gehütete TSV-Gehäuse setzte.

Keine 120 Sekunden später praktisch der gleiche Angriff: Wieder Najjer über rechts hoch in den 16ner und diesmal zielte Pichinot genauer - 1:1.

Doch der nächste Standard für die Hausherren sollte nicht lange auf sich warten lassen. 16. Minute, erneute Ecke von rechts, wieder war Heuser der Schütze. Ziel diesmal der Kopf von Malcom Phillips, der visierte den Pfosten an, von da sprang der Ball gegen Najjers Schienbein und zum Entsetzen der Löwen-Anhänger, von denen es doch einige im Stadion gab, zum 2:1 für die Mittelhessen ins Tor.

Aber Kassel benötigte keine 60 Sekunden für den erneuten Ausgleich: Anstoß, dann Spielzug über links, Lukas Iksal legte quer auf Pichinot und dieser schob am langen Pfosten stehend zum 2:2 ein.

Der Wahnsinn hatte jedoch noch lange kein Ende: 28. Minute, Tim-Philipp Brandner drang in den TSV-Strafraum ein, setzte zum Übersteiger an und wurde von Muhamet Arifi unsanft von den Beinen geholt - Foulelfmeter. Kaum Proteste der Platzherren. Mahir Saglik blieb cool und schob unten rechts zum 3:2 ein. Die Löwen führten erstmalig.

Doch auch Stadtallendorf hatte noch nicht fertig: Jascha Döringer spielte sich fein über die Mitte durch, legte zu Del-Angelo Williams weiter, der per Hacke zum viel umjubelten 3:3 traf (45.).

Halbzeit. Löwen-Manager Jörg Müller musste sich erst mal setzen. "Ein unglaubliches Spiel. Es geht hin und her. Als ehemaliger Trainer kann ich natürlich nicht mit allem einverstanden sein, sechs Tore, da waren auch paar Fehler dabei, aber die Zuschauer kommen voll auf ihre Kosten."

Del-Angelo Williams trifft zum 3:3.Die ersten zehn Minuten der zweiten Hälfte war Waffenstillstand angesagt. Beide Teams belauerten sich, warteten auf die erste günstige Gelegenheit, um zum nächsten Schlag auszuholen.

Der bot sich den Gastgebern in der 57. Minute: Freistoß von rechts von Heuser, der insgesamt ein tolles Spiel bot, messerscharfe Flanke auf Phillips, der den Kopfball nur hauchdünn übers Löwen-Tor setzte. Riesen Chance.

Nun waren aber wieder die Fuldastädter dran: Alban Meha bediente Iksal, der umkurvte Olujic, konnte den Ball aber nicht platzieren (63.). Weiter ging's für Kassel in der 75. Minute. Najjer flankte von rechts, Pichinots Kopfball konnte von Olujic gerade noch so gehalten werden, den Abpraller spitzelte Iksal jedoch aus drei Metern am Tor vorbei. Das hätte das 4:3 sein müssen.

Aber das Nägelkauen ging weiter: 85. Minute, klasse Konter der Hausherren. Der Ball gelangte zu Heuser, dieser zirkelte die Kugel von halb rechts Richtung langer Pfosten und genau in den Winkel. Aber nur fast, denn Maximilian Zunker gelang die Parade des Tages. Mit den Fingerspitzen lenkte der KSV-Schlussmann das Leder gegen den Pfosten und verhinderte so das 4:3 für die Eintracht.

Im Gegenzug prüfte Kevin Nennhuber Olujic, der ebenfalls toll reagierte (87.).

Für den letzten Aufreger des Spiels sorgte Brian Schwechel, der in der vierten Minute der Nachspielzeit im TSV-Strafraum von den Beinen geholt wurde. Schiedsrichter Jonas Weickenmeier, der wie beide Mannschaften eine vorzügliche Leistung bot und trotz vieler Gelber Karten alles im Griff hatte, verweigerte aber den Gästen den möglichen zweiten Strafstoß.

Nach 96 denkwürdigen Minuten hatte dann das Spiel ein gerechtes Ende.


Stimmen zum Spiel:

Fejz Hodaj (Manager TSV): "Das Ergebnis ist okay, wobei wir den Sieg sicher auch verdient gehabt hätten. Aber mit dem Resultat können wir leben. Es war unsere beste Saisonleistung."

Jörg Müller (Manager KSV): "Es war ein gerechtes 3:3. Auch wenn in der zweiten Halbzeit keine Tore mehr fielen, so war sie doch genauso gut und spannend wie die erste. Zum Schluss hätte es einen Foulelfmeter für uns geben können, aber wir wollen nicht hadern. Es war ein tolles Spiel."


TSV: Olujic - Jovic (64. Schütze), Fisher (46. Nolte), Djengoue, Gaudermann - Phillips, Döringer, Vogt, Arifi, Heuser - Williams.

KSV: Zunker - Najjar, Evljuskin, Nennhuber, Brandner - Brill - Pichinot (82. Mogge), Bravo Sanchez, Meha (88. Schwechel), Iksal - Saglik (37. Dawid)

Tore: 1:0 Ben-Luca Fisher (3.), 1:1 Pichinot (11.), 2:1 Eigentor (16.), 2:2 Pichinot (17.), 2:3 Saglik (28./FE), 3:3 Williams (45.).

Zuschauer: 580


Fotos: Erich Schmitt