Hessen - Trainer sein ist nicht leicht. Jedenfalls nicht beim Fußball, und schon gar nicht in den unteren Ligen. Allzu oft muss man Rücksicht nehmen auf die persönlichen Belange der Spieler. Der Übungsleiter möchte gerne einem anderen Spieler den Vorzug geben, einem, der vielleicht nicht die Qualität hat, dafür aber zuverlässiger ist. Doch die Sorge, dass der bessere Spieler dann beleidigt zurückzieht, ist meistens zu groß. Schließlich wird jeder Fußballer benötigt. Außerdem geht es ja auch um Punkte. Aber ist dem wirklich so? Ist es nicht möglich, beides unter einen Hut zu bringen, nämlich konsequent sein und gleichzeitig erfolgreich? Wir fragten beim Coach des TSV Besse Andreas Wenderoth (Foto) nach, der mit einem knallharten Kurs aufhorchen lässt.


Hallo Herr Wenderoth, wie oft trainiert Ihr in der Woche?

Wenderoth: In der Vorbereitung fünf Mal, während der Serie zwei Mal. Wenn wir taktische Dinge einstudieren wollen, auch drei Mal.


Wenn ein Spieler verhindert ist, sagen wir aus beruflichen Gründen?

Wenderoth: Dann hat er sich bei mir abzumelden und es mit einer Laufeinheit auszugleichen. Er kann dies am Tag vor dem eigentlichen Training absolvieren, am Tag des Trainings oder am darauffolgenden Tag. Dann bekommt er ein Häkchen für die Einheit.


Wie können Sie das kontrollieren?

Wenderoth: Per App. Jeder Spieler schickt mir seine Laufeinheit auf das Handy.


Wenn ein Spieler das versäumt?

Wenderoth: Dann sitzt er beim nächsten Spiel auf der Bank. Ausreden zählen nicht. Auch Schichtarbeiter haben die Möglichkeit, vormittags oder nachmittags eine Runde in den Wald zu gehen. Wir haben Schichtarbeiter wie Leroy Bawuah, er hat noch nicht eine Einheit versäumt.


Nach welchen Kriterien stellen Sie Ihr Team auf?

Wenderoth: Nach Trainingsbeteiligung und Qualität. In der Reihenfolge.


Bedeutet: Stehen für eine Position zwei Spieler zur Verfügung, dann zählt zuerst die Anzahl der Trainingseinheiten, dann erst die Qualität?

Wenderoth: Richtig.


Das ziehen Sie konsequent durch?

Wenderoth: Ja, seit über sechs Jahren. Eine Ausnahme haben wir gemacht: Als ich im vergangenen Herbst wieder zurückkehrte, habe ich nach "Qualität" aufgestellt. Ich dachte, wir brauchen jeden Punkt, da ist es besser, immer die vermeintlich besten Spieler aufzustellen. Aber das war ein Fehler. Es hat auch nicht lange gedauert, bis die Spieler von sich aus ankamen und baten, zum alten System zurückzukehren.


Fördert es die Leistung der Spieler?

Wenderoth: Nicht nur die Leistung. Die Stimmung innerhalb der Truppe ist eine ganz andere. Jeder erkennt den Vorteil: Trainingsfleiß wird belohnt. Es ist ein Irrglaube zu meinen, mit Nachsichtigkeit käme man weiter. Die Spieler brauchen eine klare Struktur, ja, sie fordern sie sogar ein.


Wäre es nicht besser, den Spieler dann in der Zweiten auflaufen zu lassen?

Wenderoth: Nein, damit würden wir ihn ja noch belohnen und den Spieler aus der Reserve bestrafen, denn der müsste ja dann auf die Bank.


Es heißt, dass es bisweilen ganz schön ruppig zugeht beim Training des TSV?

Wenderoth: Nein, das ist übertrieben. Aber ich erwarte von den Spielern, dass sie weder sich noch den Mitspieler schonen. So, wie du unter der Woche trainierst, so spielst du auch am Wochenende. Ich nehme lieber einen angeschlagenen Spieler in Kauf, als ständig Larifari im Training.


Hessensport24 bedankt sich für das Interview!