Melsungen - Nach der Premiere im vergangenen Jahr haben das Fachportal “handball-world.news” und das Magazin “Bock auf Handball” nun zum zweiten Mal an herausragende Spielerinnen und Spieler den German Handball-Award verliehen. Dabei wurde Carsten Lichtlein, Torwarttrainer von Bundesligist MT Melsungen, in der Kategorie “Lebenswerk” geehrt. Im Interview spricht der 42 Jahre alte Bundesliga-Rekordspieler unter anderem darüber, welche Bedeutung der German Handball Award für die Sportart allgemein hat und warum sein Lebenswerk noch gar nicht vollendet ist.

Er hat bei der MT Melsungen einen Spielerpass, könnte sich also sofort wieder in der Bundesliga zwischen die Pfosten stellen. Carsten Lichtlein, seit Saisonbeginn Torwarttrainer bei den Nordhessen und dort außer als Coach für die Profi-Keeper auch für die Nachwuchstalente auf dieser Position zuständig, ist topfit und nach wie vor auch selbst im Training. “Wenn bei uns in der MT Not am Mann wäre, würde ich natürlich einspringen”, sagt der Mann, der im Handball nahezu alles gewonnen hat und mit 712 absolvierten Einsätzen alleiniger Bundesliga-Rekordhalter ist.

In diesem Jahr wurde Carsten Lichtlein vom Fachportal “handball-world.news” und dem Magazin “Bock auf Handball” für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Das betrachtet er aus mehreren Blickwinkeln.


Ehrungen für das so genannte ‘Lebenswerk’ kennt man vor allem aus dem Film-, Show- und Musikbusiness. Da werden dann meist Protagonisten weit fortgeschrittenen Alters ausgezeichnet. Somit liegt die Frage förmlich auf der Hand, ob Du Dich als 42 -Jähriger überhaupt schon reif für das Lebenswerk fühlst?

Lichtlein: Als ich davon erfuhr, habe ich mich tatsächlich ein wenig erschrocken und mich gefragt, ob jetzt schon alles zu Ende ist. Aber ich freue mich natürlich sehr über diese Auszeichnung. Sie ist ja eine Anerkennung für eine lange Karriere, viele Spiele und Titel, die man als aktiver Sportler absolviert und gewonnen hat. Und sicherlich auch ein Beleg dafür, dass man viele Sachen richtig gemacht hat. Insofern fühle ich mich mit dem German Handball Award wirklich sehr gehrt und freue mich, dass ich diesen Preis entgegen nehmen durfte. Andererseits bleibe ich ja noch im Business drin, habe eben nur ein neues Kapitel aufgeschlagen. Und genau da stehe ich jetzt eigentlich erst am Anfang. Deshalb hoffe ich, dass mein Lebenswerk noch nicht zu Ende ist (lacht).


Du hast zwei Europapokalsiege mit Lemgo errungen, mit der Nationalmannschaft WM-Gold und -Silber und zweimal EM-Gold gewonnen. Welchen Platz bekommt der jetzt verliehene German Handball Award in Deiner Sammlung?

Lichtlein: Ich muss gestehen, dass durch den letzten Umzug erst einmal alle Medaillen in Kisten gepackt werden mussten. Aber ansonsten sind die zuhause schon fein säuberlich angeordnet und besondere Erfolge auch besonders drapiert. Da wird der German Handball Award auf jeden Fall standesgemäß eingereiht.


Sind Medaillen Auszeichnungen Ehrungen etc. gerade für Sportler genau das, wofür man sich quält, sprich die berühmten Kirschen auf der Torte?

Lichtlein: Ich würde sagen, auf jeden Fall. Das ist ja jeweils ein Ausgleich dafür, was man auf sich genommen hat, etwa an Entbehrungen, an Verzicht. Und eine Belohnung dafür, wenn man aus all dem erfolgreich hervorgegangen ist und etwas erreicht hat. Umgekehrt kann man sich natürlich hinterfragen, wenn alle Anstrengungen nicht zum erhofften Erfolg geführt haben. Es war ja auch bei mir so, dass meine Karriere nicht immer nur steil nach oben ging. Es gab Rückschläge – zum Beispiel, wenn man ein Finale verloren hat oder für ein großes Ereignis nicht nominiert war. Aber dann galt es, sich danach wieder nach oben zu kämpfen, dranzubleiben und sich weiter zu puschen. So etwas zahlt sich aus und wird im besten Fall mit einer Auszeichnung belohnt.


Wie beurteilst Du den German Handball Award allgemein? Ist er womöglich sogar wichtig für die Sportart insgesamt?

Lichtlein: Eindeutig ja. Wir wollen ja mit unsere Sportart immer vorankommen und den Handball weiterbringen. Wenn man andere Ligen anschaut, was dort mitunter alles geehrt und ausgezeichnet wird, ich denke hier speziell an Sportarten in Amerika, stellt man fest, dass wir in Deutschland in puncto Ehrungen sogar noch etwas hintendran sind. Wir wollen den Handball ja schließlich noch mehr in der Öffentlichkeit zeigen, ihn publik machen. Und da gehören solche Ereignisse einfach dazu. Ich finde es deshalb richtig und wichtig, dass es sie gibt, und dass sie auch weiterentwickelt werden. Da sind meiner Meinung nach übrigens nicht nur die Clubs gefordert, sondern auch die Verbände und Dachorganisationen.


Die Laudatio auf Carsten Lichtlein bei der Preisverleihung hat übrigens Florian Kehrmann gehalten. Der Trainer des TBV Lemgo Lippe hat selbst noch mit dem Torwart zusammen sowohl bei den Lipperländern als auch in der Nationalmannschaft gespielt: „Ich habe Dich kennengelernt als ganz jungen Torhüter, der ganz viele Flausen im Kopf hatte und sich toll entwickelt hat – hin zu einer echten Persönlichkeit, nicht nur in den Vereinen, in denen Du gespielt hast, sondern auch in der Nationalmannschaft. Am meisten freut mich, dass Du dem Handballsport erhalten geblieben bist. Ich hoffe, dass Dein Lebenswerk als Torwarttrainer bei der MT Melsungen noch weitergeht”, sagte der drei Jahre ältere ehemalige Rechtsaußen, der zusammen mit Carsten Lichtlein in 2006 den Europapokal gewann.


Die German Handball Awards 2023 auf einen Blick:

German Handball Award - Männer: Juri Knorr (Rhein-Neckar Löwen)

German Handball Award - Frauen: Emily Bölk (Ferencváros Budapest)

Überraschung des Jahres: Eric Johansson (THW Kiel)

Nachwuchshoffnung (Jahrgang 2003 und jünger): David Móré (Rhein-Neckar Löwen)

Foto: Christian LehrkeBeachhandballer des Jahres: Nicola Rascher

Beachhandballerin des Jahres: Lucie Marie Kretzschmar

Team des Jahres: SC Magdeburg

Trainer:in: Bennet Wiegert (SC Magdeburg)

Schiedsrichter-Team: Robert Schulze / Tobias Tönnies

Handball-Influencer: Stefan Kretzschmar

Handball-Persönlichkeit: Amelie Berger und Mia Zschocke

Publikumsliebling: Gisli Kristjansson (SC Magdeburg)

Sonderpreis der Jury: Lebenswerk: Carsten Lichtlein

Die Verleihung der German Handball Awards ist noch auf der Streaming-Plattform sportdeutschland.tv zu sehen. Der Abschnitt mit Carsten Lichtlein als Höhepunkt der Verleihung beginnt in dem Stream ab 2:17:00 Std.