Melsungen - Verletzungen sind eine schwere Belastung für jeden Menschen, insbesondere aber für Leistungssportler, da sie weitreichende Konsequenzen haben können. Luis André (MT Melsungen), der von 2017 bis 2020 die deutschen Schülerbestenlisten im Kugelstoßen und Diskuswerfen mit großem Vorsprung anführte und nach den Sommerferien 2021 auf das Leistungssport-Gymnasium in Chemnitz wechselte, durchlief seit diesem Wechsel eine Reihe von Pechsträhnen. Obwohl er seit dieser Zeit am dortigen Olympiastützpunkt mit Herz und Verstand unter der Anleitung und den Augen des Bundestrainers trainiert, wurde er immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen.

Im Januar 2022 zog er sich beim Training für die deutschen Winterwurfmeisterschaften eine schwere Verletzung im rechten Fuß zu und musste im Krankenhaus behandelt werden. Als er schließlich nach drei Monaten wieder schmerzfrei trainieren konnte und mit dem DLV-Kader in das Ostertrainingslager nach Portugal fliegen wollte, wurde er positiv auf das Coronavirus getestet. Trotz dieser Rückschläge gab er sein Ziel, an der U18-EM in Israel teilzunehmen, nicht auf. Obwohl beim Krafttraining, vor allem bei der Kniebeuge seine linke Hüftseite schmerzte und diese Probleme immer stärker wurden, qualifizierte er sich mit dem neuen nordhessischen U18-Kugelstoßrekord von 18,67 m für die EM. Allerdings blieb er in Jerusalem mit 16,80 Metern und Rang siebzehn hinter den Erwartungen zurück. Besser machte er es eine Woche später bei den deutschen U18-Meisterschaften in Ulm, als er sich mit 17,96 Meter die Silbermedaille sicherte. Aber die Hüftprobleme bremsten ihn immer wieder aus, so dass ein gezieltes Krafttraining nicht mehr möglich war. Seine Träume von einem 19- oder gar 20-m-Stoß blieben im Vorjahr unerfüllt. Bereits im September musste er die Saison 2022 beenden.

Ende 2022 diagnostizierte Prof. Rühmann (Hannover), Sportmediziner mit Schwerpunkt „Hüftchirugie“, bei Luis ein Hüft-Impingement, das zu Knorpel- und Labrumschäden führen kann und empfahl deshalb eine Hüftarthroskopie, eine minimal-invasive Form der Hüftoperation.

Nach dieser OP rutschte der Melsunger Nationalkaderathlet während einer Reha in Chemnitz auf einer Eisfläche aus und riss sich den vorderen Muskel des Oberschenkels, Musculus rectus femoris, ab. Nach Diagnose und Erstbehandlung in der Sportklinik Erfurt wurde Luis von Prof. Dr. Thomas Mückley, Chefarzt der Unfallchirurgie und Orthopädie, operiert. „Ich habe den Muskel mit einem Knochenanker nach oben gezogen und neu fixiert“, sagte der Professor.

Zwei Tage nach dieser OP konnte Luis wieder mit einer Orthese und Unterarmstützen gehen. Diese Orthese, die die Streckung um 20 Grad hemmt und eine Beugung von maximal 90 Grad erlaubt, soll dazu beitragen, dass der Muskel an der korrekten Stelle wieder anheilt und soll gleichzeitig verhindern, dass er nicht wieder abreisen kann. Allerdings dauert dieser Prozess einige Zeit, um die Beweglichkeit und Mobilität wieder herzustellen.

Seine zweite Rehabilation innerhalb von drei Monaten führt Luis André an den Olympiastützpunkt nach Berlin, wo er sich von dem renommierten und erfahrenen Reha-Spezialilsten Reiner Günzl behandeln lässt. Zu dem anerkannten Sportwissenschaftler reisen TOP-Athleten aller olympischen Sportarten aus dem gesamten Bundesgebiet an, um nach einer Verletzung schnell wieder zur alten Stärke zurückzukehren.

„Nach einer solchen Verletzung fällt man für mehrere Monate aus. Das löst natürlich Enttäuschung, Frust und Stress aus. Aber die Nutzung der hydrostatischen und dynamischen Wirkfaktoren des Wassers im Strömungsbecken in Verbindung mit einem kontrollierten und dosierten Aufbautraining werden Luis helfen, relativ schnell wieder zur vollen Belastungsfähigkeit zurückzukehren“, sagte der Rehabilitationstrainer zuversichtlich, der auch die verletzten Bundesliga-Handballspieler der Berliner Füchse betreut. Und auch Luis André zeigte sich optimistisch: „In der nächsten Saison will ich wieder durchstarten, denn meine Karriere ist noch nicht vorbei“!