Stadtallendorf - Zwei Tage lang war die Leichtathletikhalle in Stadtallendorf Schauplatz der Titelkämpfe der U20/U16 des Hessischen Leichtathletik-Verbandes. Über 550 Teilnehmer aus 114 Vereinen hatten ihre Meldungen abgegeben und bis auf wenige Ausnahmen auch eingehalten. Somit war die Gewähr für spannende Wettkämpfe, aber auch für Überraschungen gegeben. Die MT Melsungen schickten mit Luis André, Vivian Groppe und Yannick Schleider drei Medaillenkandidaten zu diesen Meisterschaften, aber auch Niclas Dittmar und Kilian Krah fuhren mit Endkampfchancen nach Stadtallendorf.

Im Kugelstoßen der M14 konnte es natürlich keinen Zweifel über den Ausgang dieses Wettkampfes geben, denn als sich die zehn jungen Kugelstoßer einstießen, sahen auch die Nicht-Experten, wer in diesem Wettbewerb den Ton angeben wird. Während Luis André die 4kg-Kugel aus dem Stand über 13 Meter wuchtete, kam die Hälfte der Konkurrenz nicht einmal an die 10m-Marke. Aber Luis, der sich einen Tag vorher den Titel bei den Hallenmeisterschaften des Schwalm-Eder-Kreises mit 13,74 m geholt hatte, fand nicht in diesen WettkampfLuis André holte sich im Kugelstoßen der M14 bereits den zweiten Landestitel in diesem Jahr., bei dem er zum ersten Mal 14 Meter und mehr stoßen wollte. Wieder einmal war er zu verkrampft und nervös, obwohl er nichts zu befürchten hatte. Nach dem zweiten Durchgang lag er mit 10,09 Meter noch hinter Moritz Hinrichsen (Weißkirchen, 11,46 m), Elias Betz (Bruchköbel, 11,30 m) und Yaffily Trawalley (Friedrichstein, 10,19 m). Erst um dritten Versuch setzte er sich mit 12,75 m an die Spitze und ließ im vierten Durchgang 13,30 Meter folgen. Das war der erwartete Sieg vor Moritz Hinrichsen (11,89 m) und Elias Betz (11,30 m).

Zu Beginn der Veranstaltung sahen die Zuschauer im Dreisprung der MU20 einen spannendes Duell zwischen Julius Gerke (Twiste) und dem Melsunger Yannick Schleider. Die Beiden stellten ihre persönliche Bestleistung im Vorjahr jeweils bei den Landesmeisterschaften auf. Während Julius Gerke bei den U18-Meisterschaften in Fulda auf 12,62 m kam, sprang Yannick Schleider bei den U20-Titelkämpfen in Darmstadt 12,42 Meter. Nachdem Gerke den Wettkampf mit 11,40 Meter eröffnete, begann Schleider mit einem ungültigen Versuch. Im zweiten Durchgang verbesserte sich Gerke auf 12,13 Meter. Yannick Schleider stellte mit 12,63 Meter eine neue persönliche Bestweite auf und ging damit in Führung. Im Endkampf landete Julius Gerke bei 12,70 Meter und lag sieben Zentimeter vor Yannick, der im letzten Versuch noch einmal alles auf eine Karte setzte, aber hauchdünn übertrat. „Mit 12,63 Meter und der Silbermedaille kann ich zufrieden sein, obwohl heute auch Gold möglich war“, sagte der 18-Jährige. Die Bronzemedaille mit 11,25 Meter gewann Wahid Muhammad aus Pakistan, der für den SSC Vellmar startet.

Dass sich Vivian Groppe gut auf diese Meisterschaften vorbereitet hatte, bewies die MT-Sprinterin bereits im zweiten von sieben 60m-Vorläufen der W15, wo sie sich mühelos mit 8,00 Sekunden vor Sophia Eden (Fulda, 8,30) und Julia Jung (Bad Soden, 8,45) als Schnellste aller 39 Teilnehmerinnen für die nächste Runde qualifizierte.

Im ersten Zwischenlauf setzte sich erwartungsgemäß Mira Baus (Schlüchtern) mit 8,11 Sekunden durch. Die HLV-Kaderathletin musste schon alles geben, um den Angriff von Linnea Hinz (Kassel, 8,15 Sek.) abzuwehren. Im zweiten Lauf demonstrierte Carolin Schlung (Bad Sooden-Allendorf) ihre Klasse.

Bereits im Vorlauf hatte sie zehn Meter vor dem Ziel den Gang herausgenommen und dennoch 8,02 Sekunden erzielt. Im Zwischenlauf holte sie sich den Sieg mit 7,87 Sekunden vor Katharina Altlay (Enkheim, 8,07 Sek.) und unterstrich damit ihre Ambition auf die Titelverteidigung. Zielfoto vom 60m-Finale der W15 - Carolin Schlung (i,75) vor Vivian Groppe (7,90) und Mira Baus (8,04).Im Melsunger Lager wartete man gespannt auf den dritten Zwischenlauf und auf die zweite Vorstellung von Vivian Groppe. Nach einem guten Start lag sie bereits nach der Hälfte der Strecke vier Meter vor ihren Verfolgerinnen. Auch sie nahm kurz vor Schluss das Tempo heraus und siegte dennoch sehr souverän mit 7,98 Sekunden vor Melina Höfer aus Oberrodenbach, die mit ihren 8,26 Sekunden ebenfalls in das Finale der W15 einzog. Es war mäuschenstill, als die sechs Sprinterinnen in ihrem Startblock auf den Schuss warteten. Alle sechs kamen gut aus den Blöcken, doch schon in der Beschleunigungsphase kristallisierten sich mit Carolin Schlung und Vivian Groppe zwei Sprinterinnen heraus. Während sich Mira Baus, die im letzten Sommer noch den Landestitel über 100 Meter mit 12,68 Sekunden gewann, vergeblich aufbäumte, um die Lücke zu Vivian Groppe zu schließen, schaltete Carolin Schlung auf dem zweiten Teil der Strecke noch den Schnellgang ein und stürmte mit Rasanz dem Ziel entgegen. Mit der exzellenten Zeit von 7,75 Sekunden verteidigte die Sprinterin aus Bad Sooden-Allendorf ihren Titel. Nach 7,90 Sekunden kam Vivian Groppe als Zweite ins Ziel und bestätigte damit ihre Bestzeit von 7,89 Sekunden, die sie kurz vor Weihnachten in Dortmund lief. Die Bronzemedaille holte sich Mira Baus mit 8,04 Sekunden vor Katharina Altlay (8,11 Sek.) und Linnea Hinz (8,19 Sek.) Den sechsten Platz belegte in diesem schnellen Finale Melina Höfer (8,36 Sek.) Unmittelbar nach dem Einlauf kam Vivian auf Carolin Schlung und gratulierte ihr zu dieser tollen Zeit. Beide drückten sich die Hände und umarmten sich - ein großer Lauf war zu Ende.

David Corell, Cheftrainer Sprint im Hessischen Leichtathleten blieb auch nach diesen drei beeindruckenden Läufen von Vivian Groppe sprachlos. Nach seinem Arbeitsvertrag besteht seine Hauptaufgabe in der Betreuung der Athletinnen mit dem größten Leistungspotential sowie der Wissenstransfer und der Aufbau von Know-how. Aber Corell scheint immer noch davon überzeugt zu sein, dass die MT-Sprinterin nicht förderungswürdig ist, obwohl sich der Aufwärtstrend von Vivian Groppe weiter fortsetzt. „Vivian war mit ihren 7,90 Sekunden schneller Yannick Schleider un Julius Gerke. lieferten sich ein spannendes Duel im Dreisprung.als vor einer Woche bei den U18-Landesmeisterschaften die älteren HLV-Kader-Athletinnen Victorian Krauss (Seligenstadt, 7,91), Lea Willenweber (Kassel, 7,93) und Stephanie Kleiber (Wetzlar, 8,22). Auch Mira Baus (Gelnhausen, 8,04) blieb klar hinter der Zeit von Vivian zurück. Ganz abgesehen von Jennifer Zuban (Sprintteam Wetzlar), die seit mehr als acht Monaten gar nicht mehr in Erscheinung getreten ist“, sagte Alwin J. Wagner.

Im 800m-Lauf der W14 ermittelten 25 Läuferinnen in drei Zeit-Endläufen ihre Meisterin. Die Plätze eins und zwei sicherten sich zwei hoffnungsvolle Talente vom Jahrgang 2006. Jana Becker (Wettenberg) holte sich nach 2:17,53 Minuten den Titel vor Ilena Freitas (Jahn Treysa, 2:24,99). Der dritte Platz ging an Vanessa Mikitenko von der Läuferhochburg Hanau-Rodenbach (2:26,42). Pia Gille holte sich im zweiten Zeitendlauf mit 2:43,59 Minuten den dritten Platz und belegte nach Auswertung der drei Läufe als zweitbeste nordhessische Läuferin den 11. Platz vor Theresa Rupppersberg (Breidenbach), die den ersten Zeitendlauf mit 2:43,76 Minuten gewonnen hatte.

Im 400m-Lauf der U20 gewann Lynn Olson (MT Melsungen) ihr Rennen gegen Inga Schneider (Langgöns, 65,92) und Henrike Klier (Fulda, 66,37), aber mit ihren 65,42 Sekunden war nicht mehr als Platz 13 möglich.

Am zweiten Tag war man besonders wieder auf den Auftritt von Vivian Groppe über 300 Meter gespannt, die in der Meldeliste mit 46,36 Carolin Schlung, Vivian Groppe und Mira Baus - die drei Medaillengewinnerinnen im 60m-Sprint der W15.Sekunden nur auf den siebten Platz geführt wurde. Bei einem Testrennen in Dortmund steigerte sich die schnelle Sprinterin nach dem Meldeschluss beim HLV auf 44,49 Sekunden und verbesserte sich mit dieser Zeit auf Rang fünf. Auf den Papier schien es, als würden Mira Baus (Schlüchtern, 43,96 Sek.) und Emma Scholl (Frankenberg, 43,97) mit ihren Vorjahreszeiten von 43,96 bzw. 43,97 in einer anderen Liga laufen. Aber dass Bestenlisten und Prognosen sich oft in Schall und Rauch auflösen, wenn es zur Prüfung kommt und Abstände, die auf dem Papier scheinbar riesengroß sind, zusammenschmelzen, mussten an diesem Nachmittag Mira Baus und Emma Scholl einsehen. Im ersten von vier 300m-Zeitendläufen überraschte Amelie Wachsmuth vom SSC Bad Sooden-Allendorf mit 43,86 Sekunden. Lara Schmidt aus Lauterbach setzte sich mit 46,09 Sekunden im zweiten Lauf durch. Nach dem dritten Lauf, den Nikola Ganz (Gießen) mit 46,50 Sekunden gewinnen konnte, lag A. Wachsmuth mit 43,86 Sekunden noch immer in Führung. Der letzte Zeitendlauf mit Mira Baus und Emma Scholl sowie Vivian Groppe als Außenseiterin musste die Endscheidung bringen.

Wie erwartet, lief Baus auf Bahn drei stark an. Kein Wunder, sie hatte Vivian im Nacken und Emma Scholl auf Bahn vier vor sich. Auch Vivian jagte mit einem enormen Antritt durch die erste Kurve und überholte Mira Baus nach dem ersten Drittel der Strecke. Noch bevor die Langsprinterinnen auf die Zielgerade einbogen, überholte Vivian auch Emma Scholl vorbei und stürmte als Erste unter dem Beifall der vollbesetzten Tribüne über die weiße Ziellinie. Im Vorjahr wurde sie als Neunte mit 47,18 gestoppt. Bei diesem Sturmlauf blieb die elektronische Zeitmessung für sie bei 42,98 Sekunden stehen und damit war sie über vier Sekunden schneller als vor einem Jahr in Hanau.

Die neue Hessenmeisterin, aber auch ihre Eltern, schüttelten immer wieder den Kopf und konnten diese Zeit nicht glauben. Als das Ergebnis offiziell bestätigt wurde, war die Freude groß, denn die 14-Jährige stand bei der Siegerehrung ganz oben auf dem Treppchen und erhielt neben der Urkunde und Medaille auch den begehrten Wimpel. Da wurde ihr erst richtig klar, dass sie zum ersten Mal als hessische Meisterin geehrt wurde. Emma Scholl sicherte sich die Silbermedaille (43,41 Sek.) vor Amelie Wachsmuth (43,86). Für Mira Baus blieb nach 44,41 Sekunden nur der undankbare vierte Platz. „Wenn es gilt, ist Vivian motiviert und konzentriert. Sie kann ihre Trainingsleistung stets abrufen. Vielleicht kann sie sogar im Dezember beim Hallenmeeting in Dortmund den 19 Jahre alten U16-Hallenrekord über 300 Meter verbessern, den Lena LaVivian Groppe holte ihre erste Goldmedaille bei einer Landesmeisterschaft. MIt 42,98 Sekunden holte sie sich den Titel vor Emma Scholl (43m41). Auf Rang vier Mira Baus (44,41).ng (ESV Treysa) am 17.12.2000 in Stadtallendorf mit 42,34 Sekunden aufgestellt hat“ blickte Alwin J. Wagner optimistisch schon elf Monate weiter.

„Vivian zeigte am zweiten Tag dieser Meisterschaften eine tolle Energieleistung. Sie hatte bereits zwei Tage vorher bei den Kreismeisterschaften zwei 50m-Läufe und eine schnelle 125m-Runde als Staffel-Schlussläuferin in den Knochen. Am Samstag beeindruckte sie im Vor-, Zwischen- und 60m-Endlauf mit drei vorzüglichen Ergebnisse. Und am Schlusstag dieser Landesmeisterschaft trumpfte sie mit einem starken 300m-Lauf auf, für den maximal eine Zeit um 44 Sekunden eingeplant war“, sagte Alwin J. Wagner, der fünf Jahre nach dem Sieg von Franziska Ebert (43,39) wieder eine 300m-Hallenmeisterin in seiner Trainingsgruppe hat.

Im Weitsprung der M14 starteten mit Niclas Dittmar und Kilan Krah zwei MT- Nachwuchsathleten, die mit einer Endkampfchance nach Stadtallendorf anreisten. Niclas, der sich beim Weihnachtskriterium in Stadtallendorf mit 5,08 Meter den Sieg geholt hatte, präsentierte sich nach 4,73, 4,84 und 4,73 Meter unter Wert. Aber auch Kilian Krah, der nach Aussage seines Vaters in der Lage ist, über fünf Meter zu springen, blieb bei 4,81 Meter hängen. Beide verpaßten beim Hallen-Saisonhöhepunkt die Chance ein positives Zeichen zu setzen, denn sie kamen über die Plätze zehn und elf nicht hinaus.

Niclas Dittmar deutete am ersten Tag dieser Titelkämpfe schon an, dass ihm einige Trainingseinheiten und somit Kondition und Kraftausdauer fehlen. Nachdem er im vierten 60m-Vorlauf den vierten Rang belegt hatte und sich mit 8,13 Sekunden für den Zwischenlauf qualifiziert hatte, schied er in der nächsten Runde mit schwachen 8,34 Sekunden als Letzter aus. 8,07 Sekunden hätten für den Einzug in das 60m-Finale gereicht.

„Zwei Landestitel und zwei Vizemeisterschaften zeigen mir, dass wir uns selbst vor den Großvereinen mit ihren hauptamtlichen Trainern nicht zu verstecken brauchen. Wenn meine Athleten im Training so mitziehen würden wie zurzeit Vivian und Luis, würde Melsungen als eine der wenigen Leichtathletikhochburgen in Hessen dastehen“, bilanzierte Alwin J. Wagner das gute Abschneiden seiner Athleten bei den hessischen Hallenmeisterschaften der U20 und U16 in Stadtallendorf.


Text und Fotos: Alwin J. Wagner