Melsungen - Nach der Rückkehr von der Leichtathletik-WM aus Doha (Katar) legten die Trainerteams des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) am Ende der Saison 2019 dem Bundesausschuss Leistungssport (BAL) eine Liste für die Kaderberufungen vom 01.11.2019 bis 31.10.2020 vor, die der BAL nach intensiver Prüfung final mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) abstimmte.

Dabei wurden auch einige besonders talentierte Nachwuchsathleten im Altersbereich von 15 und 16 Jahren berücksichtigt, denen eine überdurchschnittliche sportliche Perspektive zutraut wird.

Zu diesen kleinen Personenkreis gehört auch Vivian Groppe (MT 1961 Melsungen), die vom DLV in den Nachwuchskader (NK2) nominiert wurde. Das ist umso erstaunlicher, weil die 15-Jährige im Vorjahr vom Cheftrainer des Hessischen Leichtathletik-Verbandes als nicht förderungswürdig befunden und deshalb nicht in den Landeskader berufen wurde. „Das war für mich eine der größten Enttäuschungen“.

Trainer Alwin J. Wagner erinnert sich noch, als die damals 13-Jährige Vivian in die Talentfördergruppe der Melsunger Gesamtschule kam und Vivan Groppemittrainieren wollte. „Sie brachte ein gutes Bewegungsgefühl, Leichtigkeit und eine gewissen Lockerheit mit“, sagte Wagner, der ihre Begabung sofort erkannte. Aber um Begabung in Spitzenleistungen zu „verwandeln“, bedarf es eines systematischen und langjährigen Trainings mit einem gesteuerten Talententwicklungsprozess. Nach einem Jahr lief sich Vivian Groppe in die deutsche 100m-W14-Bestenliste und wurde mit 12,69 Sekunden auf Rang 25 geführt.

Nachdem sie verletzungsfrei durch die Saison kam und vielseitig, variantenreich und leistungsorientiert trainiert hatte, verbesserte sie sich in diesem Jahr um über eine halbe Sekunde. Sie lief zweimal 12,16 Sekunden und gehört damit zu den schnellsten U16-Jugendlichen in Deutschland. Bei den deutschen U16-Meisterschaften ging für sie ein Traum in Erfüllung. „Zu Beginn des Jahres 2018 hatte ich mir gewünscht, bei den Landesmeisterschaften zu starten. Ein Jahr später hatte ich mir vorgenommen, mich für die deutschen Meisterschaften zu qualifizieren. Dass ich im 100m-Finale dabei war und über 300 Meter sogar die Silbermedaille gewinnen konnte, hätte ich zu Saisonbeginn nicht gedacht!“

Wie viele Sprinterinnen träumt Vivian Groppe von einer 100m-Zeit unter 12 Sekunden. Bis zu dieser magischen Schallmauer fehlen ihr nur noch 0,13 Sekunden. Selbstbewusst spricht sie auch von einer 400m-Zeit unter 57 Sekunden, die sie 2021 im Finale der deutschen U18 laufen möchte. Eine solche Leistungsverbesserung klingt nach einer Menge Training, zumal sie in diesem Jahr mit 59,86 nur einmal unter einer Minute geblieben ist. Wenn man sich allerdings ihre Entwicklung über 100 und 300 Meter anschaut, erscheint ihr Vorhaben nicht unerreichbar zu sein. Alwin Wagner bescheinigt ihr das Potenzial für derart schnelle Zeiten. Sie muss nur gesund und fokussiert bleiben und weiter gefördert werden, denn ihre Sprinttechnik ist trotz ihrer erst 15 Jahre auf einem ausgezeichneten Level. Durch Hinweise der Landes- und Bundestrainer soll diese in den kommenden Jahren stabilisiert und weiter entwickelt werden. Auf die Frage, was ihr als prägendes Erlebnisse aus 2019 in Erinnerung bleiben wird, antwortete Vivian: „Die deutsche Vizemeisterschaft über 300 Meter, aber jetzt kam noch als Krönung die Berufung in den Nationalkader hinzu.“


Text und Fotos: Alwin J. Wagner