Bruchsal - Bei den Deutschen Mehrkampfmeisterschaften (DMKM) des Deutschen Turner-Bundes in Bruchsal war das Mehrkampfteam der MT Melsungen erstmals seit Jahren wieder in Mannschaftsstärke vertreten. Den größten Erfolg errang Nele Schmoll. Ihr gelangen an einem Tag gleich zwei Podiumsplatzierungen. Nach drei Jahren Wartezeit wegen Corona wurde die 18-jährige Gymnasiastin im Deutschen Achtkampf der Juniorinnen 18/19 Jahre erstmals Deutsche Meisterin.

In dieser Wettkampfform absolvieren die Athletinnen zunächst einen kompletten Turnwettkampf mit vier Geräten, worauf ein leichtathletischer Vierkampf noch am Nele Schmoll mit ihren beiden Medaillen.selben Tag folgt. Nele stand seit der ersten Qualifikationsveranstaltung im Mai in Berlin auf Platz 1 der Rangliste und wurde ihrer Favoritenrolle gerecht, was im Verlauf des Tages kein Selbstläufer war.

Im Gerätturnen nach einer sicher durchgeturnten Übung am Stufenbarren zum Auftakt glänzte sie vor allem an Boden und Sprung, am Sprung sogar mit der besten Ausführung (9,25 Punkte) des Teilnehmerfeldes. Insgesamt erreichte sie ordentliche 48,30 Punkte und lag zur Hälfte des Wettkampfes auf dem 6. Rang mit genau 2,00 Punkten Rückstand. Ihre Trainingspartnerin Lisa Bussiek platzierte sich im Gerätturnen im Mittelfeld.

Der schon für ideale Verhältnisse knapp gestrickte Zeitplan und witterungsbedingte Verzögerungen machten den Nachmittag zu einer physischen und mentalen Herausforderung für beide. Nach jeweils zwei persönlichen Bestleistungen im Kugelstoßen und im Schleuderball (Nele 9,42 m und 39,31 m; Lisa 7,12 m und 38,90 m) folgte eine längere Regenunterbrechung, was anschließend zu langen Wartezeiten vor allem beim Weitsprung führte.

Noch während der Deutsche Achtkampf auf den Weitsprung wartete, wurden Nele und Lisa zur Einzelkonkurrenz im Schleuderball gerufen. Hier erreichten beide den Endkampf. Nele durfte sich mit der Bronzemedaille für 38,75 m schmücken, Lisa konnte ihre Technik nicht so abrufen wie noch vor der Regenpause und erreichte Rang 6 (35,23 m).

Nele Schmoll auf dem Podium.Direkt im Anschluss mussten beide ohne Vorbereitung in den zweiten Durchgang des Weitsprungs einsteigen. Sie konnten nur schnell ihren Anlauf ausmessen und durften auch nur zwei Versuche absolvieren. Sie wurden am Ende des zweiten Durchgangs in den laufenden Wettbewerb einsortiert. Nach Lisa musste Nele als Nummer 1 der Meldeliste gleich wieder den dritten Durchgang eröffnen. Aufgrund der Hektik und mit Sicherheitssprüngen, haben sich die Athletinnen in dieser Disziplin unter Wert verkauft (Nele 4,45 m und Lisa 3,89 m).

Nele wusste vor dem Weitsprung, dass sie gut lag, aber sie wollte keine Zwischenergebnisse erfahren. Tatsächlich lag sie nach sechs Disziplinen auf Rang 1. Die Unsicherheit, was wohl nun der Weitsprung fürs Endergebnis bedeuten würde, brachte große Unruhe ins Melsunger Lager.

Beim abschließenden 100-m-Lauf lief sich Nele ihren angestauten Frust von der Seele. Sie gewann ihren Lauf mit zehn Metern Vorsprung (13,49 Sek), war damit beste Athletin in drei der leichtathletischen Disziplinen. Als einzige Athletin ihrer Altersklasse übertraf sie die 90-Punkte-Marke (90,502) und gewann die Konkurrenz letztlich doch deutlich mit rund 4,1 Punkten Vorsprung. Lisa bestätigte genau ihre Qualifikationsleistung. Mit der fünfzehntbesten Leistung zu den DMKM zugelassen, wurde Lisa auch 15. mit 76,994 Punkten.

Lisa Bussiek (links) und Nele Schmoll.Während der Deutsche Achtkampf noch in der Turnhalle war, begann im Hallenbad der Schwimmfünfkampf. Hessenmeisterin Laara Ullrich, die erste Schwimmmehrkämpferin im Turngau seit zehn Jahren, verpasste im Wettbewerb der weiblichen Jugend 16/17 mit 53,260 Punkten das Podium als Fünfte nur denkbar knapp. Der Wettkampf begann mit dem Wasserspringen. Diese Disziplin trainiert Laara erst seit dieser Saison wettkampforientiert und erzielte schnell Fortschritte. Mit sauberen Sprüngen, aber noch ohne hohe Schwierigkeiten (5,575 Punkte), platzierte sich Laara im Vorderfeld der Konkurrenz, konnte aber nicht ganz den Kontakt zum Podium herstellen.

Im Schwimmbecken folgte dann eine Aufholjagd, die Laara Stück für Stück näher an die vor ihr liegenden Athletinnen heranbrachte. Mit persönlichen Bestleistungen über 100 m Freistil (1:07,0 Min) und 50 m Rücken (0:39,1 Min) und der drittbesten Punktzahl über 50 m Schmetterling, konnte sie den Rückstand auf Rang 3 auf rund 1,3 Punkte reduzieren. Verbesserungspotential bietet neben dem Wasserspringen noch das abschließende Streckentauchen.

Ihre jüngere Schwester Lisann Ullrich machte es im über zwei Tage ausgetragenen Jahnsechskampf der weiblichen Jugend 12/13 Jahre besonders spannend. Die Podiumskandidatin war durch eine Zerrung beeinträchtigt und konnte am ersten Tag dort nicht ihr volles Potential abrufen, wo die Beine intensiv beansprucht wurden.

Trotz der Zerrung stieg Lisann mittags im 75-m-Lauf nur wenig langsamer als bei den HMKM in den Wettbewerb ein (11,85 Sek). Im Kugelstoßen zeigt ihre Entwicklung seit Saisonbeginn nach oben. Nach 6,05 m in Berlin und 7,29 m in Alsfeld stand diesmal die neue persönliche Bestleistung 7,56 m zu Buche. Damit lag sie nach der ersten Sportart auf Rang 7.

Am späten Nachmittag wurde der Wettkampf in der Turnhalle fortgesetzt. Am Stufenbarren erreichte Lisann mit 10,05 Punkten ein für sie übliches Ergebnis. Die Bodenübung war deutlich durch die Verletzung gekennzeichnet. Sowohl für gymnastische Sprünge als auch für die Akrobahnen fehlte das letzte Quäntchen Spritzigkeit und Dehnbarkeit, sodass hier nur 9,55 Punkte verbucht werden konnten und Lisann zum Ende des ersten Wettkampftages auf Rang 16 zurückfiel.

Laara (links) und Lisann Ullrich.Am Sonntag gelang ihr dann eine nicht für möglich gehaltene Aufholjagd, weil das Bein sich ausreichend erholt hatte. Zunächst verbesserte Lisann sich mit neuer persönlicher Bestleistung im Wasserspringen (7,842 Punkte) auf Rang 13. Was beim abschließenden Schwimmen über 50 m Brust folgte, war eine Demonstration der Stärke. Genau wie bei den Hessischen Nachwuchsmehrkampfmeisterschaften 2019, genau wie bei den DMKM 2021, genau wie in Berlin im Mai ließ Lisann im schnellsten gemeldeten Lauf die Konkurrenz um Längen hinter sich. Mit 0:40,8 Min unterbot sie ihre bisherige Bestzeit um satte 0,5 Sek. Das war, in Punkte umgerechnet, die zweitbeste Leistung einer Frau im Jahnkampf am gesamten Wochenende und das sechsbeste Ergebnis, die Männer mit eingerechnet.

Für Lisann standen am Ende 55,375 Punkte auf dem Konto. Damit erreichte sie Rang 5. Ohne die Verletzung wären die fürs Podium fehlenden rund 1,2 Punkte sicher drin gewesen. Aber es gibt keinen Grund zum Klagen, denn die Gesamtpunktzahl lag höher als bei den beiden Qualiveranstaltungen des Jahres.

Im Deutschen Sechskampf der W 16/17 ging es für Luna Grösch um die Ehre. Als letzte Teilnehmerin mit einer ganz knappen B-Norm überhaupt zugelassen, wollte sie in der Endabrechnung nicht Letzte werden. Trotz eines Sturzes am Stufenbarren legte sie dafür bereits im Gerätturnen mit 34,800 Punkten dafür ein gutes Fundament. Auf dem Sportplatz konnte sie nicht ganz die Leistungen der Qualifikation und die guten Trainingsergebnisse der letzten Wochen bestätigen. Aber Rang 22 mit insgesamt 62,044 Punkte bedeuteten, dass Luna ihr Ziel erreicht hatte. Sie hat drei Turnerinnen hinter sich gelassen.

Das Melsunger Mehrkampfteam hat das große Ziel (drei Medaillen) knapp verpasst, aber das kleine Ziel (Teilnahme an fünf Siegerehrungen, der DTB ruft bei Mehrkämpfen nur die ersten sechs Plätze auf) locker erreicht. Damit geht eine lange Mehrkampfsaison zu Ende. Nächstes Jahr auf ein Neues!


Fotos: privat