Nordhessen - Zum Thema "Jugendfußball" und seinen möglichen Auswirkungen durch das Trainings- und Spielverbot wegen der Corona-Pandemie erreichte uns heute ein Leserbrief von Kevin Kutzner, Spieler und Jugendtrainer beim GSV Eintracht Baunatal:


"Die Zerstörung unserer Jugend"

Es ist in den letzten Jahren vieles falsch gelaufen, was jedoch nun seit der Corona-Krise aus unserem so geliebten Sport geworden ist, grenzt an eine Zumutung.

Die Mitglieder-Zahlen im Jugendfußball und auch im Senioren-Fußball sinken seit Jahren immer mehr. Die kleineren Vereine haben kaum noch eine Möglichkeit einen geregelten Spielbetrieb auf die Beine zu stellen. Neue ehrenamtliche Funktionäre sucht man vergebens.

Gäbe es nicht die Funktionäre in den Vereinen, welche schon seit Jahrzenten dabei sind, dann wäre es kaum noch möglich, die täglichen Arbeiten rund um den Sportverein zu erledigen.

Aber kommen wir nun zum Thema Sportangebote für Jugendliche.

Es entstanden in den Jahren immer mehr Spielgemeinschaften, da das Interesse der Jugendlichen, einem Sportverein beizutreten, massiv gesunken ist.

Dies ist natürlich auch der Digitalisierung und des immer breiteren Angebots der E-Sports-Szene zu verdanken, wodurch die Kinder und Jugendlichen immer mehr an den PC und die eigenen vier Wände gebunden sind. Durch die Corona-Krise und der Einführung des Homeschoolings hat sich dies noch einmal verstärkt.

Die Kinder und Jugendlichen sitzen meist nur noch von morgens bis abends vor ihrem PC, um dem Online-Unterricht zu folgen und sich danach in der virtuellen Welt mit ihren Freunden zu verabreden.

Geschuldet durch die Maßnahmen unserer Regierung haben die Jugendlichen auch keine andere Wahl, da es ja nicht geduldet wird, wenn sie sich mit Freunden zum Fußballspielen treffen, also bleibt wohl doch nur die Konsole.

Seit nun zwei Monaten trainiere ich unsere C-Jugend mit Spielern im Alter von 14-15 Jahren.

Unsere Regierung erlaubt seit dieser Zeit wieder ein kontaktloses Fußballtraining im Freien für Kinder unter 14 Jahren.

Ach, stimmt ja, da war ja was. Ich hatte ja erwähnt, dass ich Kinder im Alter von 14-15 Jahren in meiner Mannschaft habe. Dürfen die Kinder, die das Pech haben, zwischen den Monaten Januar und April geboren zu sein also etwa nicht mit ihren Freunden und Mannschaftskollegen trainieren?

Richtig, diese Kinder, die bereits das 15. Lebensjahr erreicht haben, dürfen nicht mittrainieren, aber sagen Sie mal einem Kind, nur, weil es ein paar Monate älter ist als seine Freunde, es müsse doch zu Hause bleiben, da es die Regierung so beschlossen hat. Mit mir sicher nicht.

Wenn ich sehe, wie viel Spaß die Jugendlichen am Training haben und wenn ich die Trainingsbeteiligung, welche bei 18-20 Spielern pro Training liegt, sehe, dann könnte ich das niemals mit meinem Gewissen vereinbaren, den Kindern mitzuteilen, dass sie doch bitte daheimbleiben müssen und sich anderweitig beschäftigen sollen.

Eine Öffnung des Sportangebots für Jugendliche, welche auf die Altersgrenze bis 14 Jahre ausgelegt ist, halte ich für einen absoluten Nonsens. Es geht hier auch um die Kinder zwischen 15-18 Jahren, die gerade in die Pubertät kommen und eine Auslastung zu ihrem tristen Alltag dringend benötigen.

Diese Jugendlichen im Alter von 15-18 Jahren sind das Fundament für viele Vereine, bei denen das Geld nicht so vorhanden ist, um ihre Senioren-Mannschaften mit jungen Eigengewächsen aufzustocken.

Doch genau diese Jugendlichen, haben seit über einem halben Jahr keinerlei Möglichkeit auf ein geregeltes Mannschaftstraining, was viele dazu bringen wird, sich vom Fußball abzuwenden, da die Interessen der Einzelnen vermutlich in eine andere Richtung gehen werden, was natürlich nicht zu hoffen ist.

Die Gesellschaft für Aerosolforschung hat die Regierung seit mehreren Monaten darauf aufmerksam gemacht, dass bei der Ausübung von Kontaktsport im Freien ein extrem geringes Infektionsrisiko besteht (99,9 % aller Covid-19-Ansteckungungen erfolgen in geschlossenen Räumen!!). Hierbei wurde auch erwähnt, dass das Alter egal ist, weil sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch Erwachsenen eine Ansteckungsgefahr gleich null ist.

Natürlich kann man es verstehen, dass man sich vor, während und nach dem Training an die Hygiene-Regeln halten muss und die Jugendlichen umgezogen zum Training kommen müssen, sodass man sich nie in geschlossenen Räumen befindet, jedoch hat jeder Verein ein ausgiebiges Hygienekonzept zusammengestellt, was auch von jedem nach bestem Wissen und Gewissen umgesetzt wird.

Nach all den Aspekten ist es daher kein großes Entgegenkommen, was uns die Regierung seit zwei Monaten ermöglicht hat, da die bisherigen Regelungen ja nur die 4-14-Jährigen betreffen.

Zu all dem Überfluss hat unsere Regierung mit ihrer am Mittwoch beschlossenen Notbremse auch das Mannschaftstraining für die unter 15-jährigen Kindern verboten. Nun dürfen die Kinder nur noch in Gruppen zu je 5 Personen trainieren, was ein normales Mannschaftstraining unmöglich macht.

Nach all den von mir genannten Aspekten ist diese Regelung für mich absolut unbegreiflich.

Wenn unsere Regierung möchte, dass unsere Kinder und Jugendlichen absolut keine Lust mehr auf sportliche Aktivitäten haben und nur noch in der medialen Welt leben wollen, dann sind sie hier auf dem absolut richtigen Weg.

Was das Ganze natürlich für die gesundheitlichen und sozialen Aspekte der Kinder bedeutet, da mag ich gar nicht dran denken.

In diesem Sinne bitte ich einfach unsere viel beschäftigten Regierungsmitglieder darum, dem Sport, und gerade auch dem Jugend- und Kinder-Sport, eine deutlich höhere Aufmerksamkeit zu schenken, da die Kinder und Jugendlichen unsere Zukunft sind und man genau erkennen sollte, wie wichtig gerade der Sport in der heutigen, noch so schweren Zeit sein kann.


von Kevin Kutzner